Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2014: Leute

Renommierter Mykologe, engagierter Lehrer und Forscher

Zum Tode von Privatdozent Dr. Robert Bauer ein Nachruf von Franz Oberwinkler

Der langjährige Mitarbeiter am ehemaligen Lehrstuhl „Spezielle Botanik und Mykologie“, jetzt „Evolutionäre Ökologie der Pflanzen“ im „Institut für Evolution und Ökologie“ der Universität Tübingen, Privatdozent Dr. Robert Bauer, ist am 14. September 2014 auf tragische Weise im 64. Lebensjahr verstorben. Er wurde in der Nacht aus dem Aileswasensee bei Neckartailfingen tot geborgen.

Auf dem zweiten Bildungsweg hatte Robert Bauer Ende der 1970er-Jahre an der Universität Tübingen Biologie studiert. Sehr früh interessierte er sich für Pflanzen und Pilze, kam mit Mitarbeitern der „Speziellen Botanik“ in engen Kontakt, hat dort eine Diplomarbeit verfasst und wurde 1983 promoviert. Schon im Titel seiner Dissertation, „Experimentell-ontogenetische und karyologische Untersuchungen an Uredinales“ – das sind Rostpilze, wird eine seiner besonderen Fähigkeiten deutlich: er war äußerst geschickt im Experimentieren, von Anfang an bis zuletzt.

Seine erste berufliche Ausbildung war eine Art Schlüsselhilfe, die ihm den Zugang zu komplizierten Geräten und deren Nutzung sehr erleichterte. So wurde er mit den damaligen Elektronenmikroskopen schnell vertraut, desgleichen mit den Präparationen und Schneidetechniken als Voraussetzung für die Mikroskopie selbst. Zu dieser Zeit steckte die Ultrastrukturforschung an Pilzen noch in den Kinderschuhen. Es tat sich also ein beachtliches Potential in einem spannenden Neuland auf. In einer der damaligen Arbeitsgruppen der „Speziellen Botanik und Mykologie“ wurden die zellulären Interaktionen von Pilzen mit ihren Wirten, Pflanzen hauptsächlich, aber auch den Pilzen selbst, ultrastrukturell untersucht. Unter Mykologen weltweit wurde Robert Bauer schnell bekannt durch das Auffinden und die präzise Dokumentation mykoparasitischer Interaktionsstrukturen.

Bei pilzlichen Pflanzenparasiten gewannen die Brandpilze schnell Bauers Interesse. Er mikroskopierte repräsentative, systematisch wichtige Vertreter dieser weltweit verbreiteten Pilze mit langjähriger, zäher Ausdauer. Die Ultrastrukturmerkmale der Brandpilze eigneten sich nämlich bestens, um ihre Verwandtschaftsverhältnisse besser zu verstehen und sogar dazu, Hypothesen zu ihrer Phylogenie zu postulieren. Diese Ultrastruktur-Untersuchungen erfolgten bevor Phylogenien molekular begründet werden konnten. Für Robert Bauer war eines der größten wissenschaftlichen Erfolgserlebnisse, als sich, Schritt für Schritt, herausstellte, dass die Molekularphylogenie der Brandpilze deckungsgleich war mit der vorher erarbeiteten, die auf Ultrastrukturmerkmalen beruhte.

Nach dieser jahrzehntelangen Forschung stellte sich zudem heraus, dass eine früher immer wieder formulierte Arbeitshypothese zutraf, dass Brandpilze ähnlich wirtsspezifisch wie Rostpilze sein sollten. Seither werden die Wirte als die wichtigsten Indikatoren für Brandpilz-Verwandtschaften angesehen.

Die bei Pilz-Pilz-Parasiten, bei Rost- und bei Brandpilzen erarbeiteten, bislang unbekannten subzellulären Merkmale, lieferten Robert Bauer ein sehr solides Fundament für breiter angelegte Untersuchungen bei Pilzen. Er war führend daran beteiligt, herkömmliche systematische Großgruppen, wie die „Heterobasidiomyceten“ aufzulösen und natürliche Gruppierungen vorzuschlagen.

Ab den 1990er-Jahren ist dies, rasant zunehmend, in Kooperation mit Molekularphylogenetikern erfolgt. Diese Verbindungen expandierten sehr schnell weltweit und führten dazu, dass Bauer in vielen der wichtigsten, einschlägigen Publikationen der jüngeren Zeit als Koautor beteiligt war.

Während der letzten Jahre arbeitete er an mehreren Manuskripten gleichzeitig und konzentrierte sich dabei auf „das Feinste“, um es mit seinen eigenen Worten auszudrücken. Dass dies keine subjektive Einschätzung war, lässt sich unschwer daran ablesen, dass ihm noch vor einem Jahr von der Deutschen Forschungsgemeinschaft ein neues Projekt genehmigt wurde. Das hat ihn mit berechtigtem Stolz erfüllt.

Auf den angesprochenen Feldern und vielen dazu, die unerwähnt bleiben müssen, hat Robert Bauer mehr als 100 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht.

Darüber hinaus war er während der gesamten Zeit seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in die akademische Lehre maßgeblich eingebunden, vom Grundunterricht, über Geländeübungen, die auch den Botanischen Garten einbezogen, bis zu seinen elektronenmikroskopischen Spezialpraktika.

Mit Witz und Ironie hat er über nicht wenige, hochwissenschaftliche Themen, wie z.B. über die „Erfolgsgeschichte der Gräser“ referiert und diskutiert.

Robert Bauer wird unter Mykologen weltweit in ehrender Erinnerung bleiben.