Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2015: Alumni Tübingen
Mit der notwendigen Prise Humor
Der Kabarettist Philipp Weber studierte bis 2003 Biologie und Chemie auf Lehramt an der Universität Tübingen.
Der Kabarettist Philipp Weber studierte bis 2003 Biologie und Chemie an der Universität Tübingen. Durch sein breites Repertoire von bissiger Satire bis zu skurriler Komik gehört er zu den wenigen deutschen Kabarettisten, die sowohl im „Scheibenwischer“ als auch im „Quatsch Comedy Club“ im deutschen Fernsehen zu sehen sind. 2010 erhielt er mit seinem Kabaretttrio Erstes Deutsches Zwangsensemble den Deutschen Kleinkunstpreis. Mareike Manzke hat ihn für „Uni Tübingen aktuell“ interviewt.
Ihr Kabarett-Debüt gaben Sie 2000 im Brechtbautheater mit Ihrem ersten Programm „Hölderlin-Syndrom“. Worum ging es damals und wie haben Sie sich seitdem thematisch weiterentwickelt?
Das Hölderlin-Syndrom war ein reines Studentenkabarett. Ein wildes Panoptikum des Uni-Betriebes: übereifrige Fachschafts-Aktivisten, verklemmte Burschenschaftler, pseudo-intellektuelle Germanisten und soziophobe Naturwissenschaftler. Die Zusammenstellung war im Grunde ziemlich anarchisch. Wenn man aber professionell ins Kabarettgeschäft einsteigen will, sollte man sich Themen widmen, über die normale Menschen abseits einer Universität auch lachen können.
Ihre Bühnenprogramme „FUTTER – streng verdaulich“ und „DURST – warten auf Merlot“ drehen sich beide um das Thema Verbraucherschutz. Sie haben an der Universität Tübingen Chemie und Biologie studiert. Inwiefern kommt da Ihr naturwissenschaftlicher Hintergrund zum Tragen?
Ich versuche in den aktuellen Programmen, Verbraucherschutz als humoristische Kunstform zu etablieren. Dafür ist mein Studium als Grundlage essentiell, vor allem was die Recherche betrifft. So kann ich auch anspruchsvolle Fachliteratur heranziehen und verstehe das Gelesene dann meistens auch. Oder ich kann zumindest so tun, als hätte ich es verstanden. Eine Fähigkeit, die sich jeder Student früh aneignen sollte: Verständnis vorzutäuschen. Es gibt kaum etwas, das man im Beruf später besser gebrauchen kann.
Ihre Bühnenshows sprühen nur so vor kreativen Ideen. Woher holen Sie sich Ihre Inspiration?
Ich lese viel. Sehr viel, um genau zu sein. Das ist das Schöne an meinen Job. Ich darf den ganzen Tag Zeitung lesen und es wird mir von meinem sozialen Umfeld als volle Arbeitszeit angerechnet. Und ich darf lesen, was ich will. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mich die Zwangslektüre im Studium immer genervt hat. Ich musste mich im Lesesaal der Universitätsbibliothek durch die narkotisierende Welt der Kristallographie quälen, dabei wartete im Stock über mir die Gesamtausgabe des Spiegels auf mich. Ich stöbere gerne in alten Magazinen, das ist ein skurriler Spleen von mir. Ich empfinde das als inspirierend.
Bevor Sie zum Kabarett kamen, haben Sie 1999 Ihre Studienstadt Tübingen auf dem German International Poetry Slam in Weimar vertreten. In Tübingen wird es bald einen Science Slam für Nachwuchswissenschaftler geben. Was würden Sie jungen ‚Slammern‘ raten, um das Publikum mitzureißen?
Mein Tipp: Aufrecht hinstellen, Brust raus, Kopf hoch, Blickkontakt mit dem Publikum aufnehmen und laut und deutlich sprechen. Bevor jemand auf die Bühne geht, sollte er prüfen, ob der Hosenladen zu ist. Außer es ist eine Anfangspointe – dann kann man dazu stehen. Außerdem sollte man nie vergessen: Ein Slam, auch eine Science-Slam, ist eine Unterhaltungsform. Etwas Ausdruck und Körpersprache können der Performance sicher nicht schaden. Und wenn ein Gag misslingt, sollte man ein Pokerface aufsetzen und sich nicht anmerken lassen, dass man eigentlich gerade einen Witz machen wollte.
Neben München haben Sie immer noch einen Wohnsitz in Tübingen. Warum hat die Studentenstadt Sie nie ganz losgelassen?
Heimat ist für mich da, wo meine Freunde sind. Für mich ist gerade die Melange aus Tübingen und München eine perfekte Mischung. München bedient meine Sehnsucht nach einer gewissen Urbanität und Tübingen mein Bedürfnis nach behaglicher Nestwärme. Aber im Zweifelsfall zieht es mich immer nach Tübingen.
Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Ihrer Studienzeit an der Uni Tübingen?
Ich las in der Biographie von Lemmy Kilmister, dem Frontmann von Motörhead, dass er sich an die Siebziger Jahre überhaupt nicht erinnern könne. Daraus schloss er, dass es eine gute Zeit gewesen sein müsse. So ähnlich geht es mir mit meiner Studienzeit. Es war viel Arbeit dabei, aber auch viel Rock’n’Roll!
Weitere Informationen: www.weberphilipp.de