Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 5/2015: Forum

Nachhaltigkeitspreise 2015 und Sustainability Lecture „Nachhaltigkeit im Finanzsektor“

Auszeichnung für drei Bachelor-, eine Master- und zwei Staatsexamensarbeiten.

Ende November wurden zum fünften Mal die Nachhaltigkeitspreise der Universität Tübingen für Abschlussarbeiten verliehen. Kanzler Dr. Andreas Rothfuß hob dabei die große Bedeutung des Themas für die Universität Tübingen hervor. Mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurden drei Bachelor-, eine Master- und Staatsexamensarbeiten. Die PreisträgerInnen stellten den anwesenden Gästen ihre Themen und Ergebnisse kurz vor. Zwei der Geehrten, die sich auf Forschungsaufenthalten im Ausland befanden und nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnten, übermittelten ihre Ansprachen in kurzen Videopräsentationen.

Die „Sustainability Lecture 2015“ hielt Thomas Jorberg, Vorstandssprecher der GLS Bank, zum Thema „Das Ende von Banken, wie wir sie kannten. Nachhaltigkeit im Finanzsektor?“, dabei diskutierte Jorberg die gegenwärtigen Entwicklungen im Finanzsektor. Die schwindende gesellschaftliche Akzeptanz von Banken sowie veränderte rechtliche und ökonomische Bedingungen im Finanzsektor erforderten, so Jorberg, neue Geschäftsmodelle. Notwendig sei ein Wandel hin zu neuen Bankmodellen. Auch „alternative“ Banken mit nachhaltigkeitsorientierten Förder- und Anlagestrategien müssten sich entsprechend ständig weiterentwickeln. Jorberg stellte die These auf, dass die derzeitigen Finanzsysteme mit Zuständen des (teilweisen) Überflusses von Kapital nicht nachhaltig umgehen könnten. Im Anschluss an die Lecture nutzten die Gäste die Gelegenheit, ihre Fragen an Thomas Jorberg zu stellen.

Zum Ausklang der Veranstaltung bot eine Posterausstellung im Foyer des Kupferbaus Gelegenheit, sich über rund 20 Projekte des Innovationsfonds Nachhaltige Entwicklung der Universität Tübingen zu informieren, die zum großen Teil mit auf studentischem Engagement aufbauen.

Die Veranstaltung wurde organisiert vom Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität, das derzeit federführend den Aufbau eines Tübinger Kompetenzzentrums für Nachhaltige Entwicklung koordiniert. Durch den Abend führte Professor Dr. Thomas Potthast, Sprecher des Ethikzentrums und geschäftsführender Vorsitzender des Beirats für Nachhaltige Entwicklung der Universität Tübingen.

Diana Grundmann und Andri König

Ausgezeichnete Bachelorarbeiten

Henrike Barske (Bachelor Biologie)

„Die Frage nach der Vereinbarkeit von Humanität und den ökologischen Auswirkungen der industriellen Produktion tierischer Nahrungsmittel im 21. Jahrhundert“

Henrike Barske untersucht die Auswirkungen der stetig wachsenden Nutztierindustrie zur Fleischproduktion auf die Ökosysteme und verbindet dabei Themen der Biodiversität und Nachhaltigkeit mit solchen der sozialen Gerechtigkeit im Bereich der Ernährung. Die interdisziplinäre Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die globale Ernährungssituation nicht mit den humanitären Werten der Gleichheit und des Wohlergehens aller Menschen vereinbar ist. Eine vegetarische bzw. vegane Ernährung könne hingegen einen entscheidenden Beitrag zu einer gerechteren Verteilung der Land- und Wasserkapazitäten sowie von Ernteerträgen leisten.

Kathrin Fischer (Bachelor Ethnologie)

„Frau ist nicht gleich Frau. Entwicklungsethnologische Untersuchungen zu Frauenförderungsprojekten in Kirgistan“

Bei der Bachelorarbeit handelt es sich um eine anwendungsorientierte Arbeit zu kultursensibler Entwicklungszusammenarbeit. An einem Beispielprojekt in Kirgistan wurde herausgearbeitet, welche Berücksichtigung lokale kulturspezifische Bedingungen bei der Konzeptionierung von Frauenförderungsprojekten in der Entwicklungszusammenarbeit erfahren. Die Arbeit weist dabei auf die Grenzen westlich-universalistischer Ansätze in der gegenwärtigen Frauenförderung hin und reklamiert, die kulturspezifischen Vorstellungen der lokalen Bevölkerung in zukünftige Konzeptionen von Frauenentwicklungsprogrammen im globalen Kontext stärker zu integrieren.

Anika Pinzner (Bachelor Geographie)

„El Nino-Southern Oscillation and its Effects on Malaria Suitability - Modeling Teleconnections of an El Niño-Southern Oscillation Event in the Years of 2030-2031 on East Equatorial Africa’s Climate and Evaluating the Resulting Spatial and Temporal Malaria Suitability”

Anika Pinzner legt eine Arbeit zum Thema der Klimavariabilität im Rahmen von ENSO-Ereignissen vor (ENSO: El Niño und die Southern Oscillation) und beschäftigt sich dabei vor allem mit den möglichen Auswirkungen der Kombination von Klimawandel, El Niño und den Ausbreitungsbedingungen der Malaria in der Untersuchungsregion östliches Äquatorialafrika. Die in der Arbeit angewandte methodische Verknüpfung klimatischer Ereignisse mit ökologischen Faktoren und sozialen Strukturen ermöglicht es, potenzielle Malariaverbreitungsgebiete frühzeitig zu identifizieren und auf diese Weise eine vorausschauende, nachhaltigere Gesundheitsvorsorge und -versorgung der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten zu gewährleisten.

Ausgezeichnete Master-/Diplom-/Magister-/Zulassungsarbeiten

Martina Bett (Zulassungsarbeit Geographie)

„Das Job-Ticket des Universitätsklinikums Tübingen als Modell für nachhaltige Mobilität? Eine Untersuchung aus verkehrsgeographischer Perspektive unter Berücksichtigung der ökologischen Faktoren“

Die Abschlussarbeit untersucht den Einfluss des neuen Job-Tickets auf das Mobilitätsverhalten der Beschäftigten der Universität Tübingen und ermittelt die daraus resultierende ökologische Wirkung. Anhand einer Befragung konnten jene Beschäftigten selektiert werden, bei denen ein Umstieg vom PKW auf öffentliche Verkehrsmittel erfolgte und die Gesamtemissionen für die jeweils zurückgelegten Arbeitswege berechnet werden. Die Arbeit stellt zudem Erfolgsfaktoren und Probleme des Umstiegs vom Individualverkehr auf den öffentlichen Personennahverkehr dar und macht Vorschläge für eine Weiterentwicklung.

Syntia Hasenöhrl (Master Humangeographie)

„Critical perspectives on the counterhegemonic potential of fair trade in the representation of ‘local artisans‘“

Die Arbeit ist im Überschneidungsbereich der Geographischen Entwicklungsforschung und der Neueren Kulturgeographie angesiedelt. Ihr primäres Anliegen ist es, die Potenziale des Fair Trade-Ansatzes im Hinblick auf die Emanzipierung von wenig einflussreichen artisanalen Akteuren (Kunsthandwerkern) zu bewerten. Im empirischen Teil der Arbeit werden hierzu die vielschichtigen Diskursebenen und oft versteckten Botschaften in der Darstellung der Rolle der Kunsthandwerker im Fair Trade-Prozess herausgearbeitet und die zugrundeliegenden Auffassungen und Bewertungen der zentralen Akteure einschließlich der Konsumenten offengelegt, um schließlich Wege zu einer weniger hierarchischen Konstellation in den gesellschaftlichen und ökonomischen Beziehungen zwischen den beteiligten Akteursgruppen aufzuzeigen.

Julian Windmöller (Zulassungsarbeit Geschichte)

„Das unterworfene Meer. Eine Geschichte des kaspischen Meeres im Prisma des Störs 1958-2015“.

Die vorliegende historiographische Studie befasst sich mit der Geschichte des Kaspischen Meeres im Zeitraum von 1958 bis heute. Sie analysiert multiperspektivisch den umfassenden Ökonomisierungsprozess von Flora, Fauna, Geo- und Hydrosphäre dieses Naturraums. Ihre Ergebnisse zeigen das Kaspische Meer als ein dem wirtschaftlichen Diktat bis heute „unterworfenes Meer“. Am Beispiel des Aussterbens des Störs kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass ein Einblick in die Geschichte des Kaspischen Meeres den Fachwissenschaften das notwendige Orientierungswissen liefern kann, um Akteure und Entscheidungsträger für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik in der Region zu sensibilisieren.