Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2017: Forum

Erfolgsgeschichte: Zehn Jahre Museum der Universität Tübingen MUT

Das Museum der Universität Tübingen MUT feierte im Herbst 2016 sein zehnjähriges Bestehen mit einem Symposion, einer Gesamtpublikation aller Sammlungen, einer komplett neuen Website und mit einem Fest.

Seit Gründung des MUT im Jahr 2006 hat sich die Wahrnehmung wissenschaftlicher Universitätssammlungen nicht nur in Tübingen, sondern auch bundesweit stark verändert. An dieser Entwicklung ist das MUT maßgeblich beteiligt. Denn es gehört zu den Vorreitern der Neubeachtung der Universitätssammlungen in Deutschland, wie sie auch der Wissenschaftsrat den Hochschulrektoren im Jahr 2011 ans Herz gelegt hat.

Welches Potential in den Sammlungen und Konvoluten der Universitäten steckt, dürfte dabei nicht einmal allen Mitgliedern der jeweiligen Universitäten selbst bewusst sein. So lassen sich – und besonders in den vernachlässigten Sammlungen – immer wieder Objekte entdecken, die manchmal sogar die Fachkustoden und Institutsmitarbeiter in Staunen versetzen. Vor allem diese Sammlungen sollten stärker in den Blick genommen werden, und die im materiellen Erbe der Universität verborgenen Möglichkeiten müssen immer wieder neu für die Lehre, zum Nutzen der Öffentlichkeit und auch zur Profilbildung der Universitäten entdeckt werden. Vor allem aber bergen die Sammlungen immer noch einen ungeheuren Wissensschatz, den es zu heben gilt.

Entstehung

Aus diesen Gründen hat bereits im Jahr 2006 die Universität Tübingen das Museum der Universität Tübingen MUT als Zentrale Einrichtung gegründet – zum Zweck der Pflege, der Neubewertung und professionellen Nutzung ihrer wissenschaftlichen Sammlungen. Die Initiative dafür ging von mehreren Seiten aus: Einerseits von PD Dr. Alfons Renz, der schon seit 2002 im Auftrag des Rektorats der Universität Objekte und Konvolute vor allem naturwissenschaftlicher Sammlungen sicherte, andererseits von einer Arbeitsgruppe um die Fachkustoden und Museumswissenschaftler Dr. Anette Michels (Grafische Sammlung), Dr. Volker Harms (Ethnologie) und nicht zuletzt Professor Dr. Gottfried Korff (Empirische Kulturwissenschaft).

Schließlich führte eine Rektoratskommission unter Vorsitz von Prorektorin Professorin Dr. Barbara Scholkmann im Oktober 2006 zur Gründung des MUT. Ihr ging im Mai 2006 die von der Arbeitsgruppe entwickelte Ausstellung „38 Dinge“ im kleinen Senat der Universität voraus. Die erste Leiterin des MUT war von Oktober 2006 bis Frühjahr 2008 Professorin Dr. Anke te Heesen, bis zu ihrer Berufung an das Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft. Seit Oktober 2008 ist der Kunsthistoriker Professor Dr. Ernst Seidl Direktor des MUT. Derzeit vereint die Universität Tübingen 65 Sammlungen unter ihrem Dach – wohl die größte Anzahl an universitären Fachkonvoluten im deutschsprachigen Raum. Darunter sind auch einige der umfangreichsten Sammlungen überhaupt an europäischen Hochschulen, wie etwa die paläontologische oder die islamisch-numismatische. Eine Vielzahl von Superlativen, Kuriosa und herausragenden Einzelobjekten lassen sich hier entdecken, so die bekannten ältesten Kunstwerke der Menschheit, das einzige, mehrmals aus dem All zurückgekehrte Weltraumteleskop, das von Friedrich Miescher isolierte Nuclein (DNA) oder Originalaufnahmen des schönsten physikalischen Experiments der Menschheit, um nur sehr wenige Beispiele zu nennen. Auch die archäologischen, die mineralogische, die graphische Sammlungen oder die Blasinstrumentensammlung gehören zu den qualitativ besten ihrer Art an einer deutschen Universität.

Chancen

Die Nutzung der Sammlungen ist sehr unterschiedlich. Beispielsweise stehen die Sammlungsobjekte insbesondere der Archäologien ohnehin immer im Zentrum ihrer Disziplinen: sie werden entdeckt, erfasst, erforscht; mit ihnen wird gelehrt und sie werden der Öffentlichkeit, auch zum Nutzen der Institute, vermittelt. In anderen, sogenannten „zukunftsorientierten“, Fächern, scheinen die Objekte dagegen nur Verbrauchsmaterial und nicht selten nur noch Last und Relikte vergangener, vermeintlich überholter Zeiten zu sein. Diese „ausgemusterten“ Konvolute stammen oft von wissenschaftlichen Vorgängern. Sie rauben kostbaren Raum und machen nur Mühe, so die weit verbreitete Meinung. In diesen Sammlungen tritt der scheinbare Konflikt zwischen den sogenannten „Kernaufgaben“ einer Universität, der Forschung und der Lehre, einerseits und der „Luxusbeschäftigung“ des Erhalts des disziplinären und wissenschaftsgeschichtlichen Erbes andererseits am deutlichsten zu Tage. Mit der steigenden Relevanz des Erbes vergrößern sich auch die Resonanz und damit die Bedeutung der Universität in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Universität präsentiert sich dabei als verantwortungsvolle Institution, die ihrer Verpflichtung zum Erhalt des materiellen, wissenschaftlichen und kulturellen Erbes nachkommt und es gleichzeitig zu nutzen versteht.

Aber auch nach innen steigt mit der Betreuung und Öffnung, also der damit zusammenhängenden gezeigten Wertschätzung der Sammlungen, ihre Neubewertung durch alle Mitglieder der Universität: Die Sammlungen werden wieder stärker in die Lehre integriert, sie dienen der Imagepflege der Institute und der Identitätsbildung ihrer Angehörigen, und schließlich regen sie häufig neue Forschungsfragen an wie sie auch mit neuen technischen Verfahren ganz anders erforscht werden können.

Erfolge

Die Erfolge des MUT in den zehn Jahren seines Bestehens: mehrere Dutzend Ausstellungen, die dazu gehörenden wissenschaftlichen Publikationen sowie die kontinuierlich aktualisierten Verzeichnisse aller Sammlungen der Universität. Gleichzeitig konnte ein hoher Professionalisierungsgrad im Bereich der Kommunikation aber auch in der Museumspädagogik erreicht werden. Auch die Wahrnehmung in Presse und Öffentlichkeit hat sich entscheidend verbessert.

Das MUT setzt seine breitgefächerten Aufgaben mit einem vergleichsweise kleinen Team um – auch dank verschiedener Drittmittelprojekte, Sponsoren und Spender. Eine moderne Webseite bindet seit kurzem die Standorte des MUT zusammen – einschließlich des Museums „Alte Kulturen“ auf Schloss Hohentübingen. In wissenschaftlichen Publikationen werden unbekannte Sammlungen erforscht, Praxislehrstrukturen in Zusammenarbeit mit dem Career Service der Universität helfen mit, Sammlungen zu retten und in Ausstellungen einer größeren Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Außerdem ist das MUT mittlerweile auch in die institutionalisierte Lehre – über das neue Masterprofil „Museen & Sammlungen“ – eingebunden. Ein Zentraldepot für das MUT mit adäquaten konservatorischen Bedingungen ist in Planung.

Homepage Museum der Universität Tübingen MUT

Maximilian von Platen