Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2020: Uni intern

In der Beratung in verschiedene Richtungen schauen

Ein Interview mit Gabi Efferenn vom Familienbüro der Universität

Seit 2013 gibt es das Familienbüro an der Universität Tübingen. Es berät und vermittelt bei allen Fragen zur Vereinbarkeit von Familienaufgaben und Studium, Wissenschaft und Beruf an der Universität. In Teil 3 der Serie „Was macht eigentlich?“.

Wie sind Sie zum Familienbüro der Universität Tübingen gekommen?

Ich habe ein Doppelstudium absolviert, bin Diplompädagogin und Sportpädagogin. Nach meinem Studium habe ich lange im sozialpädagogischen Bereich gearbeitet, unter anderem in Beratungsstellen und auch im Bereich der Schulsozialarbeit. Ferner war ich in der Erwachsenenbildung tätig, schwerpunktmäßig für Frauen im ländlichen Bereich. 

Vor rund zehn Jahren bin ich an die Hochschule Reutlingen gekommen und habe dort den Familienservice aufgebaut. 2013 hat mich die Universität Tübingen sozusagen abgeworben, damit ich hier ebenfalls ein Familienbüro aufbaue und die Zertifizierung beim „audit familiengerechte Hochschule“ vorbereite. Da ich in Tübingen wohne, hat das für mich gepasst. 

Für die Einrichtung von Familienbüros war das „audit familiengerechte Hochschule“, das es seit 2002 gibt, sehr richtungsweisend. Gerade in der Wissenschaft ist das Thema Vereinbarkeit ganz zentral. 

Wie hoch ist der Prozentsatz von Frauen bei der Beratung im Familienbüro?

Auch Männer sind in zunehmendem Maße am Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. Studium interessiert. Dennoch sind es immer noch 80 Prozent Frauen, die zu uns in die Beratung kommen. Sie sind aufgrund von gesellschaftlichen Strukturen immer noch weitaus mehr belastet mit dem Thema Vereinbarkeit. Sie kommen häufig bereits in der Schwangerschaft, um sich Beratung und Unterstützung zu holen. Paare – insbesondere studentische, aber auch Paare aus der Wissenschaft – suchen genauso Rat in unserer Sprechstunde. 

Was sind Ihre Aufgaben?

Beratung

Eine unserer Aufgaben ist die Beratung von Menschen, die an der Universität tätig sind oder studieren und die Unterstützung benötigen. Dazu zählen insbesondere Studierende, die Kinder bekommen. Für sie ist vor allem die Frage relevant: bekomme ich mehr Zeit für mein Studium oder für konkrete Prüfungsleistungen und wie flexibel kann ich mein Studium gestalten? Hier bietet das Landeshochschulgesetz eine Reihe von Möglichkeiten. 

Information

Wir kommunizieren Möglichkeiten für mehr Flexibilität in Studium oder Beruf und versuchen, diese vor Ort umzusetzen. Zunächst geben wir den Betroffenen Informationen, wie z.B. die Handreichung „Studieren mit Familienaufgaben“, die Kommentare zum LHG und Empfehlungen des Rektorats – etwa, dass Säuglinge mit in Vorlesung genommen werden können – enthalten. Damit können Studierende selbst das Gespräch mit Dozentinnen und Dozenten suchen. Bei Konflikten oder Unsicherheiten, kann das Familienbüro aktiv werden und, wenn dies gewünscht wird, sich direkt einschalten. Klassischer Fall: eine Studentin ist schwanger und benötigt mehr Zeit für ihre Prüfung oder eine andere Prüfungsform. Die Prüferin ist aber unsicher, wieweit sie entgegenkommen kann. Viele Probleme beruhen auf Unwissenheit. 

Strukturelle Veränderungen

Der Beratungsalltag zeigt uns, an welchen Stellschrauben wir arbeiten und wo gegebenenfalls Strukturen geändert werden müssen. Stark zugenommen haben Anfragen zum Thema Mobilität mit Kindern. Das betrifft die Mitnahme von Kindern auf Dienstreisen, wodurch Reise- wie auch Betreuungskosten anfallen. Gelder von den Drittmittelgebern sind häufig vorhanden, es gibt aber rechtlich das Problem das Geld auszugeben. Das Thema Mobilität ist momentan eine große Baustelle.

Vereinbarkeit von Studium oder Beruf mit der Pflege von Angehörigen

Aktuell bieten wir vier Informationsveranstaltungen pro Jahr rund um Thema Pflege von Angehörigen und Vereinbarkeit mit Beruf oder Studium an. Dabei geht es zum Beispiel um das Thema Vollmacht: was ist eine Betreuungsvollmacht, eine Vorsorgevollmacht oder eine Generalvollmacht? Was bedeutet es und welche Arbeitszeitmodelle gibt es, wenn ich arbeite und mich gleichzeitig um meine kranken Eltern kümmere? Wir informieren über die gesetzlichen Grundlagen und was an der Universität möglich ist. Es geht aber auch um die emotionale psychologische Situation der Betroffenen, hier zeigen wir Unterstützungs- und Vernetzungsmöglichkeiten auf. 

Familienzimmer und Kinderbetreuung

Bei der Renovierung oder dem Neubau von Universitätsgebäuden wird heute grundsätzlich gefragt, ob der Wunsch nach einem Familienzimmer besteht. Dann wird das mit eingeplant – allerdings nur, wenn die räumlichen Möglichkeiten gegeben sind und die Nutzer*innen das ausdrücklich wünschen. Denn diese müssen bereit sein, die Verwaltung der Zimmers zu übernehmen. Das Familienbüro prüft zusammen mit dem Baudezernat und unterstützt bei der Ausstattung. 

Bezüglich der regulären Kinderbetreuung verfügt die Universität für ihre Beschäftigten über 17 sogenannte KIKO Plätze, das sind Belegplätze in städtischen Kinderhäusern. Hinzu kommen 15 Plätze in der Kita Fichtenweg 7, für die gegenwärtig, nach Ausscheiden des Studierendenwerks als Träger, ein neuer Träger gesucht wird. Für alle diese Plätze übernimmt das Familienbüro die Vergabe und entscheidet nach Priorität. So können wir z.B. an eine Wissenschaftlerin, die nicht in Tübingen wohnt auch außerhalb der städtischen Anmeldefrist einen Platz vergeben.    

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit?

Die Vielfältigkeit meines Jobs. Oft halten sich Routinearbeiten sehr in Grenzen und ich weiß morgens nicht, was mich im Büro erwartet. Das entspricht meinem Naturell. 

Bei den Beratungen muss man immer in verschiedene Richtungen schauen, auch in Richtungen, an die man zunächst gar nicht denkt. Dafür benötigt man etwas Zeit: häufig kommen im Gespräch weitere wesentliche Aspekte auf, die nicht gleich offensichtlich waren. Zum Beispiel finanzielle Aspekte oder Probleme bei Familienzuwachs geeigneten Wohnraum zu finden. Mich reizen die wirklich schwierigen Fälle, da kann ich mein detektivisches Gespür einsetzen.

Wie entspannen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich mache gern Sport: Laufen oder Schwimmen im Freibad. Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit und zurück – dann hab ich den Kopf bereits frei, wenn ich zu Hause bin. Humor und Spaß sind für mich wichtig – privat wie auch im Job. Ich unternehme gerne etwas mit meinen Freundinnen und Freunden, aber ich benötige auch ruhige Momente, beispielweise mit Musikhören, um runterzukommen.

 

Das Interview führte Maximilian von Platen