Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2021: Leute

Die Wellennatur von Elektronen und Ionen hat ihn fasziniert

Zum Tod von apl. Professor Dr. Franz Hasselbach ein Nachruf von Dieter Kern und ehemaligen Kollegen aus dem Institut für Angewandte Physik

Am 15. Februar 2021 ist Dr. Franz Hasselbach im Alter von 81 Jahren verstorben. Seit Beginn der Arbeiten zu seiner Dissertation im Jahr 1968 war er Mitglied des Instituts für Angewandte Physik, und auch seine Versetzung in den Ruhestand 2005 hat ihn nicht davon abgehalten, weiterhin wissenschaftlich tätig zu sein. Einige seiner meistzitierten Veröffentlichungen sind in dieser letzten Phase entstanden.

Der erste Schwerpunkt seiner Arbeiten befasste sich mit der Frage der räumlichen Verteilung der Elektronen, die von einer Probe emittiert werden, wenn ein feiner Elektronenstrahl auftrifft. Diese Fragestellung ist einerseits für die Bildentstehung im inzwischen weit verbreiteten Rasterelektronenmikroskop relevant, andererseits auch für die Lackbelichtung in der Elektronenstrahllithographie, einer Technik, die sowohl in der Nanotechnologie als auch für die Herstellung der Masken für die Halbleiterfertigung eingesetzt wird. Ein vielbeachteter Ansatz war, für diese Arbeiten das Rastermikroskop mit der im Institut bereits etablieren Emissionsmikroskopie zu kombinieren.

Mit Elektroneninterferenzen mittels Biprismen, wie es von Möllenstedt und Düker 1955 zum ersten Mal gezeigt wurde, befasste sich Franz Hasselbach ab Mitte der siebziger Jahre. Insbesondere die Möglichkeit, die Phase der Elektronenwellen mittels elektromagnetischer Felder zu manipulieren erweckte sein Interesse. Um Störungen durch mechanische Erschütterungen und externe elektromagnetische Felder zu minimieren, entwickelte er ein robustes miniaturisiertes Interferometer, dessen Eigenfrequenzen oberhalb der typischen Gebäudeschwingungen liegen und das relativ einfach komplett mit Mu-Metall abgeschirmt werden kann. Diese Entwicklungen ermöglichten eine ganze Reihe von bahnbrechenden Experimenten, die Franz Hasselbach mit den von ihm betreuten Diplomandinnen  und Diplomanden sowie Doktorandinnen und Doktoranden im Lauf der Jahre durchführte: Messung der Kohärenzlänge von Elektronenwellen durch Änderung der Gruppengeschwindigkeit von Wellenpaketen im Biprisma mit Wien-Filter, Aufbau eines Biprismas auf einer rotierenden Plattform und Nachweis des Sagnac-Effekts für freie Elektronen, ein Hanbury Brown-Twiss Experiment mit Elektronen, bei dem das für Fermiteilchen erwartete Antibunching nachgewiesen wurde, und schließlich Experimente zur Dekohärenz, bei denen gezeigt wurde, dass bei Elektronen, die nahe an einer metallischen Oberfläche entlang fliegen, durch Wechselwirkung mit den Elektronen des Metalls die Kohärenz zwischen den beiden Interferometerarmen gestört wird, und zwar umso stärker, je kleiner der Abstand zur Metalloberfläche. Derartige Experimente, die fundamentale Aspekte der Quantenmechanik beleuchten, lagen ihm während seiner ganzen Karriere besonders am Herzen. Eine ganze Reihe weiterer grundlegender Experimente blieb noch unvollendet, darunter Entwicklungen zur Erzeugung Spin-polarisierter Elektronenstrahlen und vor allem zu Ioneninterferenzen. Gerade zu letzteren wurden wichtige Vorarbeiten mit rudimentären Ergebnissen erzielt, die vor allem unter der geringen Qualität der verfügbaren Ionenquellen litten. Diese Arbeiten könnten heute mit den Quellen, wie sie seit ein paar Jahren z.B. für das Helium-Ionenmikroskop kommerziell entwickelt wurden, sicher ebenfalls herausragende Ergebnisse liefern.

Dr. Hasselbach war auch in der Lehre stark involviert. Neben den Spezialvorlesungen und Seminaren zu seinem Forschungsgebiet ist vor allem sein Engagement im Physikalischen Praktikum für Mediziner und Zahnmediziner zu erwähnen. Nach dem Umzug des Instituts auf die Morgenstelle baute er dieses Praktikum auf, arbeitete die Praktikumsanleitung aus, und überarbeitete sie zusammen mit seinen Übungsleiterinnen und Übungsleitern kontinuierlich über die Jahre. Vom Sommersemester 1973 bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst oblag ihm die Organisation und Leitung dieses Praktikums, dessen Qualität durch das gute Abschneiden Tübinger Absolventinnen und Absolventen in zentralen Prüfungen bestätigt wurde.

Für viele Institutsmitglieder war Franz Hasselbach über die Jahre ein überaus kenntnisreicher, hilfsbereiter Kollege und Freund, auch Nukleus eines großen Freundeskreises aus Ehemaligen des Instituts. Das Institut und seine Schülerinnen und Schüler werden ihn in ehrender Erinnerung behalten.