Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2025: Forschung


Neuer Sonderforschungsbereich in der Sprachwissenschaft

Die Universität Tübingen erhält einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB) unter dem Titel „Common Ground – Kognition, Grammatik, Kommunikation“. Im SFB 1718 werden unter der Leitung der Sprachwissenschaft Forscherinnen und Forscher aus der Theoretischen und der Computerlinguistik, der Psycholinguistik, Psychologie, Rhetorik, Literaturwissenschaft und biologischen Anthropologie zusammenarbeiten. 

„Das Konzept ‚Common Ground‘ spielt in der Sprachwissenschaft, Philosophie und Psychologie eine wichtige Rolle und hat keine treffende deutsche Übersetzung“, erklärt die Sprecherin des Sonderforschungsbereichs, Professorin Britta Stolterfoht aus der Germanistischen Linguistik am Deutschen Seminar der Universität Tübingen. „Am besten beschrieben ist der Begriff durch geteiltes Wissen in einer Kommunikationssituation, in der auch alle voneinander wissen, dass die jeweils anderen dieses Wissen haben.“ 

In 18 Teilprojekten sollen Aspekte des Common Grounds in einer Zweiersituation bis hin zu gesellschaftlichen Phänomenen untersucht werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert den Sonderforschungsbereich in der ersten Phase über einen Zeitraum von vier Jahren.

„Die Einwerbung dieses neuen Sonderforschungsbereichs ist ein sehr schöner Erfolg, der erkennen lässt, dass die Geisteswissenschaften an der Universität Tübingen bestens aufgestellt und untereinander wie auch in andere Bereiche hinein glänzend vernetzt sind“, sagt Professorin Dr. Dr. h.c. (Dōshisha) Karla Pollmann, die Rektorin der Universität Tübingen.

Der Common Ground sei entscheidend für die erfolgreiche Koordination und Umsetzung jeglicher gemeinsamen Aktivitäten, sagt Britta Stolterfoht. Auf einer großmaßstäblichen Ebene sei er hilfreich, um soziale Dynamiken oder auch die Bildung der öffentlichen Meinung zu verstehen. Auf kleinerer Ebene, etwa in der Betrachtung eines Zweiergesprächs, ließen sich Nuancen der hauptsächlich sprachlichen Kommunikation erklären. „Sprache ist in diesen Situationen das effektivste Werkzeug, daher kommt der Sprachwissenschaft eine zentrale Rolle zu“, erklärt die Linguistin. Der Begriff Common Ground sei schwer zu fassen, habe aber ein großes Erklärungspotenzial, das gemeinsam von der Sprachwissenschaft und den Nachbardisziplinen genutzt werden soll. Ziel sei es, ein umfassenderes Modell des Common Grounds zu entwickeln, das in der sprachwissenschaftlichen Theorie verankert ist und empirischer Überprüfung mithilfe einer Vielzahl unterschiedlicher Methoden standhält. Es kann als Bezugssystem für viele einzelne Phänomene und Rätsel in der Sprache, der sprachlichen Kommunikation und sozialen Interaktion dienen.

Janna Eberhardt

Ausführliche Meldung


Zwei neue DFG-Graduiertenkollegs

Globaler Süden und Funktionsweise der Retina

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert zwei neue DFG-Graduiertenkollegs (GRK) an der Universität Tübingen: 

  • das GRK „Figurationen des Prekären im Globalen Süden“ ist angesiedelt am Interdisciplinary Centre for Global South Studies und
  • das internationale GRK „Energie vs. Information: Identifizierung der Grenzen, die die Funktion der Netzhaut und des visuellen Systems bestimmen (Limits2Vision)“ am Forschungsinstitut für Augenheilkunde. 

Die Förderung beginnt im Frühjahr 2026 und geht jeweils über fünf Jahre. Ein Folgeantrag für eine zweite Förderphase von vier Jahren kann im Anschluss gestellt werden.

Graduiertenkolleg „Figurationen des Prekären im Globalen Süden“ 

Im Zeitalter der beschleunigten Globalisierung mit ihren vielfältigen sozialen, ökonomischen und ökologischen Krisen erweist sich das Begriffsfeld des Prekären aktuell als eines der zentralen Instrumente zur Zeitdiagnose. Das Graduiertenkolleg „Figurationen des Prekären im Globalen Süden“ lotet den Nutzen dieses Begriffsfelds als Analysekategorie zur Untersuchung der Gesellschaften und Kulturen des Globalen Südens kritisch aus. Es profitiert dafür von dem am Interdisciplinary Centre for Global South Studies der Universität Tübingen etablierten internationalen Forschungsumfeld, das Afrika-, Asien- und Lateinamerikastudien vernetzt. Beteiligt an diesem Projekt sind Forscherinnen und Forscher aus der Literatur- und Kulturwissenschaft, der Sozial- und Politikwissenschaft, der Geschichte, der Anthropologie, der Erziehungswissenschaft, der Rechtswissenschaft und der Ethik. 

Kontakt:
Prof. Dr. Sebastian Thies
Universität Tübingen
Romanisches Seminar
Tel. +49 7071 29-74301
Webseite von Sebastian Thies

Internationales Graduiertenkolleg „Energie vs. Information: Identifizierung der Grenzen, die die Funktion der Netzhaut und des visuellen Systems bestimmen“

Die Netzhaut (Retina) mit ihrem komplexen Netzwerk aus mehr als 100 Zelltypen spielt eine entscheidende Rolle bei der frühen visuellen Signalverarbeitung und der Weiterleitung verhaltensrelevanter Informationen an das Gehirn. Da diese ersten wichtigen Schritte des Sehens viel Energie erfordern, ist die Netzhaut der größte relative Energieverbraucher im menschlichen Körper. Das internationale GRK „Energie vs. Information: Identifizierung der Grenzen, die die Funktion der Netzhaut und des visuellen Systems bestimmen (Limits2Vision)“ widmet sich der Erforschung dieses empfindlichen Gleichgewichts, also jener Mechanismen, die es der Retina ermöglichen, ihren Energiebedarf zu bewältigen und gleichzeitig visuelle Informationen effizient zu verarbeiten. Sprecher des neuen iGRK ist Professor Dr. Thomas Euler vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde, Kooperationspartner ist das Institut de la Vision in Paris.

Die DFG unterstützt das Kolleg ab Januar 2026 zunächst für 60 Monate mit einem Budget von mehr als fünf Millionen Euro. Außerdem wird „Limits2Vision“ auch von der Deutsch-Französischen Hochschule gefördert, einer gemeinsamen Initiative Deutschlands und Frankreichs, die den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen beider Länder unterstützt. Insgesamt sind 17 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Tübingen an dem Programm beteiligt: zwölf vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde, zwei vom Werner Siemens Imaging Center sowie je eine Person vom Hertie-Institut for AI in Brain Health, vom Physiologischen Institut der Universität Tübingen und von der Pathologie des Universitätsklinikums. Aus Paris bringen sich zudem elf Forschende mit ihren Arbeitsgruppen ein, die alle am renommierten Institut de la Vision angesiedelt sind.

Kontakt:
Professor Dr. Thomas Euler
Universität Tübingen
Forschungsinstitut für Augenheilkunde / Werner Reichardt Centre for Integrative Neuroscience (CIN)
E-Mail: thomas.eulerspam prevention@cin.uni-tuebingen.de 
Tel. +49 7071 29-85028
Webseite von Thomas Euler 


Besuch des International Advisory Boards

Das International Advisory Board (IAB) war im Juni erneut an der Universität Tübingen zu Besuch. Nachdem die Mitglieder zuletzt die Clusteranträge unterstützt hatten, stand das diesjährige Treffen ganz im Zeichen des Selbstberichts, den die Universität zum 1. August beim Wissenschaftsrat eingereicht hat. Der Selbstbericht ist Bestandteil der Evaluation im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern, in deren Zuge über die Beibehaltung des Status als Exzellenzuniversität entschieden wird. Gemeinsam mit dem Rektorat, dem Forschungsdezernat sowie Expertinnen und Experten unterschiedlicher Bereiche hat sich das Board in Diskussionen zu Themen wie Internationalisierung, Forschung, Lehre und Transfer ausgetauscht. 

Das 2015 konstituierte Gremium besteht aus hochkarätigen Forschenden unterschiedlicher Fachdisziplinen, die in ihren Heimatuniversitäten sowie in nationalen Wissenschaftsorganisationen in führenden Positionen tätig sind. Das IAB berät die Universität unter anderem in Fragen der strategischen Ausrichtung.

Mitglieder des IAB:

  • Prof. Dr. Pamela Schirmeister (Yale University, Dekanin für Bachelor-Studierende, Stellvertretende Dekanin der Graduiertenschule für Künste und Wissenschaften)
  • Prof. Dr. Christopher F. Higgins (Durham University)
  • Prof. Dr. Janet Hering (ETH Zürich)
  • Prof. Dr. Sijbolt Noorda (Vrije Universiteit Amsterdam)
  • Prof. Dr. Eva Åkesson (Lunds Universitet)
  • Prof. Dr. Antonio Loprieno (Universität Basel)
  • Prof. Dr. Zeblon Vilakazi (University of the Witwatersrand Johannesburg, Vize-Kanzler und Rektor)
  • Prof. Dr. Dame Jessica Corner (University of Nottingham)

Lisa Neumann