Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2012: Forschung

Schüler forschen im IFIB-Labor


Warum die Schwaben „Rotkraut“ und die Bayern „Blaukraut“ essen

Frieder und Jason sind mit ihrer Versuchsreihe durch. In weißen Kitteln und mit riesigen Schutzbrillen ausgestattet, unterziehen die Viertklässler ihre Reagenzgläser einer letzten kritischen Begutachtung und halten die Ergebnisse im Protokoll fest. Von Hellgelb bis Dunkelblau enthält die Palette Flüssigkeiten in allen Schattierungen. Es handle sich um Blaukrautsaft, vermischt mit anderen Lösungen, erklärt Jason. „Zum Beispiel Zitronensaft, Essig, Backpulver oder Coca Cola. Wir haben jedes Mal eine neue Farbe rausgekriegt, das hat Spaß gemacht!“ Vor allem das satte Türkis ‒ eine Mischung aus Blaukrautextrakt und Waschlauge ‒ hat es ihm angetan: „Können wir die mit nach Hause nehmen?“


Dr. Hubert Kalbacher muss lachen. „Ihr könnt diesen Versuch ja zuhause nachmachen.“ Genau das ist Ziel der Chemiker im Interfakultären Institut für Biochemie (IFIB): „Wir wollen, dass Schüler hier Spaß am Experimentieren haben. Außerdem sind die Versuche so angelegt, dass sie zuhause wiederholt werden können.“ Die Viertklässler der Uhland-Schule sind jedenfalls konzentriert bei der Sache. Nach dem Blaukraut-Versuch werden sie noch einen schwarzen Filzstift in viele Farben zerlegen, es mit CO2 ordentlich krachen lassen, Scheckfälschungen aufdecken und den „Stein der Weisen“ herstellen: Dafür wird zuerst ein 5-Cent-Stück in einer alkalischen Zink-Lösung „versilbert“ und dann über einer Flamme in Messing umgewandelt, das sehe dann „vergoldet“ aus, erklärt Dr. Klaus Möschel.


Der IFIB-Geschäftsführer, selbst vierfacher Vater, hat offensichtlich Spaß an der Experimentierstunde mit den Nachwuchswissenschaftlern. Es gehe darum, Kinder neugierig zu machen, sagt er. Die Idee entstand, weil sowohl er als auch sein Kollege Kalbacher mit Grundschullehrerinnen verheiratet sind: Inzwischen laden die Wissenschaftler regelmäßig Grundschüler ins IFIB-Labor ein. An zwei Tagen dürfen diese unter Aufsicht Versuche durchführen und am Ende ein kleines Arbeitsheft mitnehmen, in denen Abläufe und Ergebnisse protokolliert sind. „Wir wollen bei jungen Menschen das Interesse wecken, Dinge zu hinterfragen“, sagt Möschel. Warum sind Bäume grün und der Rotkohl rot? „Ich finde es wichtig, dass Kinder neugierig bleiben.“


Und nicht nur die: Am Ende haben auch die erwachsenen Begleitpersonen mitgelernt, zum Beispiel warum der Rotkohl in Bayern Blaukraut heißt. Denn während die Schwaben ihren Rotkohl gern mit Essig würzten, gäben die Bayern beim Kochen Haushaltsnatron zu, erklärt Möschel. „Das ergibt den Blauton.“

Antje Karbe

 

Informationen unter http://www.ifib.uni-tuebingen.de/info-fuer-schueler/bogy-vorpraktika.html