Künstliche Intelligenz trifft Bildung: Interdisziplinäre Zukunftsprojekte im Tübinger Forschungskontext
Künstliche Intelligenz (KI oder engl.: AI) verändert unsere Klassenzimmer schon heute – und viele spannende Innovationen zeichnen sich in naher Zukunft ab. Damit KI die Bildung bestmöglich unterstützt, arbeiten die Forschungsbereiche Bildungswissenschaften und KI Hand in Hand, um KI-gestützte Lösungen für aktuelle Bildungsherausforderungen zu finden. Genau an diesem Punkt setzt unsere große Initiative, der AI + Education Future Fund, an.
Unser Ziel
Wir finanzieren Projekte, die KI und Bildung auf sinnvolle Weise miteinander verbinden, und erzielen so eine schnelle und direkte positive Wirkung für Schüler:innen, Schulen und Lehrkräfte.
Wie? Via Co-Design & agilem Transfer in Tübingen
Wir unterstützen interdisziplinäre Projekte, die KI-Lösungen für wichtige Bildungsherausforderungen entwickeln und sich auf den Alltag der Beteiligten positiv auswirken.
Wir fördern eine iterative, praxisorientierte Entwicklung, um durch schnelle Test in drei Jahren Lösungen zu entwickeln.
Wir streben nachhaltige Auswirkungen auf die Bildungslandschaft an.
Die Hector Stiftung stellt dafür ab 2025 drei Jahre lang Mittel für folgende Projekte zur Verfügung.
Befähigung von Informatiklehrkräften im Bereich KI durch berufliche Weiterbildung und Postgraduiertenausbildung.
Die Herausforderung In Baden-Württemberg (BW) wird zum Schuljahr 2025/26 das Pflichtfach Medienbildung und Informatik für die 5.-11. Klassenstufe an allen Schulen der allgemeinbildenden Sekundarstufe sukzessive eingeführt. Grund- und Leistungskurse in der gymnasialen Oberstufe sind langfristig auch vorgesehen und sollen fachlich und fachdidaktisch fundiert ein Abitur im Fach Informatik an möglichst vielen Standorten in BW ermöglichen. Die in BW aktuell aktiven Informatiklehrkräfte decken den momentanen Bedarf einigermaßen ab, nicht jedoch die breite Skalierung zum Pflichtfach inklusive Oberstufe. BW muss daher schnell und dennoch fundiert mehr Informatiklehrkräfte qualifizieren und die dringend notwendigen fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen in KI vermitteln.
Unsere Lösung In Kooperation mit dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und dem Kultusministerium werden wir ein nachhaltiges modulares Fortbildungskonzept für KI und ihre Didaktik entwickeln und mit einem postgradualen Zusatzstudium verbinden, das konzeptionell an das Kontaktstudium IMP angelehnt ist. Von uns entwickelte und über das ZSL zertifizierte Fortbildungen werden rasch nach Projektbeginn angeboten, um möglichst viele Lehrkräfte in kurzer Zeit zu adressieren. Damit befähigen wir Informatik-Lehrkräfte in BW in allen Phasen ihrer Ausbildung und Berufstätigkeit, einen fachlich fundierten und didaktisch exzellenten Informatik-Unterricht für ihre Schüler:innen sowohl in der Sekundarstufe I und II anzubieten.
KI-gestützte Lese- und Schreibförderung im Kindergarten – eine mobile App zur authentischen Sprachförderung in der Früherziehung.
Die Herausforderung Die Sprachförderung zählt zu den zentralen Herausforderungen der Bildung im Elementarbereich. Trotz intensiver Bemühungen der Länder kommen Begleitstudien zur Wirksamkeit von Fördermaßnahmen regelmäßig zu ernüchternden Befunden, mit weitreichenden Konsequenzen für den Schriftspracherwerb: jedes vierte Kind erreicht am Ende der Grundschule im Lesen nicht das Mindestniveau beim Textverständnis, das für die Anforderung im weiteren Schulverlauf nötig wäre (IGLU 2021). Es existieren zwar analoge Maßnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen, doch deren Umsetzung stellt hohe Anforderungen an die Pädagog:innen und bindet Personalressourcen.
Unsere Lösung Das Projekt AI-LIT zielt darauf ab, eine mobile KI-gestützte App für das Dialogische Lesen zur systematischen Förderung sprachlicher Interaktion von Kindern im Vorschulalter in der Situation des Bilderbuchlesens zu entwickeln. In „AI-LIT“ soll das Dialogische Lesen (Whitehurst et al., 1998) mit digitalen Bilderbüchern skalierbar und vollautomatisiert mithilfe aktueller KI-Methoden umgesetzt werden. Bisherige digitale Tools in diesem Bereich konzentrieren sich auf die Unterstützung des Leseprozesses in der Grundschule. Unser KI-gestütztes dialogisches Lesen setzt früher an und fördert den rezeptiven und produktiven Wortschatz sowie die Entwicklung der Bildungssprache und Erzählfähigkeit, um die notwendigen Fähigkeiten von Kindern bereits vor dem Schuleintritt zu fördern.
ETQ-AI verbessert die Unterrichtsqualität durch künstliche Intelligenz: Wir entwickeln ein KI-Feedbacksystem, das Lehrkräften in Echtzeit Rückmeldung zu ihren Lehrmethoden gibt.
Die Herausforderung Die Qualität des Unterrichts ist ein entscheidender Faktor für effektives Lernen – doch Lehrkräfte bekommen selten zeitnah und zuverlässig Feedback zur eigenen Unterrichtsqualität. Herkömmliche Methoden (Schüler:innenbeurteilungen, Selbsteinschätzungen der Lehrkräfte, Unterrichtsbeobachtungen usw.) haben nur eine begrenzte Vorhersagekraft, sind zeit- und kostenintensiv und bieten nicht die nötige Tiefe für eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Das fehlende Feedback hindert Lehrkräfte daran, ihre tägliche Arbeitspraxis zu reflektieren und anzupassen.
Unsere Lösung Echtzeit-Feedback zur Unterrichtspraxis: Wir entwickeln eine KI-basierte Copilot-Anwendung namens “Teaching Copilot”. Die Anwendung dient als Selbstbewertungsinstrument, das Lehrkräften die Möglichkeit zur Selbstreflexion gibt. Im Klassenzimmer können Lehrkräften den “Teaching Copilot” auf ihren Smartphones nutzen und Audioaufnahmen aus dem Klassenzimmer aufnehmen. Das System analysiert diese Daten (Audio und Transkripte), um Facetten guter Unterrichtsqualität auszuwerten. Das System hält sich an die Vorschriften der DSGVO, des EU-KI-Gesetzes sowie an datenschutzfreundliches maschinelles Lernen für einen sicheren und ethischen Umgang mit den erhobenen Daten.
Projektleitung
Tim Fütterer; Ulrich Trautwein; Matthias Bethge
Beteiligte Institutionen
Hector Research Institute of Education Sciences and Psychology, University of Tübingen; Tübingen AI Center
Der AI + Education Future Fund startete im Jahr 2025. Die Projekte werden für drei Jahre gefördert und profitieren von einer engen Einbindung in das LEAD Graduate School & Research Network.
Direktor
Samuel Wagner Prorektor Universität Tübingen
Initiatoren
Ulrich Trautwein Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung Universität Tübingen
Wieland Brendel Max Planck Institute für Intelligente Systeme, Tübingen
Matthias Bethge Tübingen AI Center, Universität Tübingen