Uni-Tübingen

Poetisch forschen: Dinge als Katapulte

Zwei Semester lang haben Student*innen der Uni Stuttgart und des SLT poetische Forschungsarbeit im DLA Marbach betrieben. Die Ergebnisse sehen Sie in unserer virtuellen Ausstellung:
https://www.literatursehen.com/projekt/frauen/

Die studentischen Beiträge zu den zwölf Schriftstellerinnen in diesem Raum sind mit poetischen Lizenzen entstanden: Wissenschaftliche Methoden und Recherchen durften und sollten mit phantasievollen Erfindungen, literarischen Stilmitteln und Gattungen verknüpft werden. Wie diese Verknüpfungen von forschendem Lernen und Schreiben aussehen und wie weit sie gehen, konnte jede*r selbst entscheiden.

Für die ersten Texte haben wir eine Fragestellung und eine syntaktische Form vorgegeben: Aus den im Online-Katalog des Deutschen Literaturarchivs verzeichneten Schriftstellerinnen-Nachlässen sollte jeweils ein Katalogeintrag ausgesucht und das dazu imaginierte Objekt auf ein bis zwei Seiten beschrieben werden – mit nichts als Frage-, Ausrufe- oder Aussagesätzen.

Die zweiten Texte sind nach der Vor-Ort-Recherche in Marbach entstanden, also nach dem Sehen des realen Objekts. Es gab nur eine einzige Vorgabe für das Schreiben: nicht mehr als fünf Seiten.

Alles Weitere hat sich dann aus dem Zusammenklang der Objekte und Texte sowie ihren Überarbeitungen und Übersetzungen in diesen digitalen Raum ergeben. Objekte können, wie es Herta Müller 2019 in ihrem Collagebuch „Im Heimweh ist ein blauer Saal“ über den Reim gesagt hat, Katapulte sein, Wurfmaschinen, die Manches auf den Kopf stellen, Anderes neu platzieren und wieder Anderes erst wahrnehmbar und denkbar machen.

„Denken ohne Geländer“ hat Hannah Arendt dieses poetische Denken genannt: „The heedless recklessness or hopeless confusion or complacent repetition of ‚truths‘ which have become trivial and empty – seems to me among the outstanding characteristics of our time. What I propose, therefore, is very simple: it is nothing more than to think what we are doing.“→ poeticthinking.net