Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2018: Studium und Lehre

Vorbereitung für das Studium: Mohamed Malek Mansour hat das Refugee Programm erfolgreich absolviert

Syrischer Teilnehmer des Integrationsprogramms studiert jetzt Medienwissenschaft in Tübingen

Mohamed Malek Mansour ist 2015 aus Aleppo in Syrien geflüchtet und hat in diesem Jahr das Refugee Programm - Integrationsprogramm für geflüchtete Menschen der Universität Tübingen erfolgreich absolviert. Seit dem Wintersemester 2018/2019 studiert er Medienwissenschaft auf Bachelor mit Nebenfach Internationale Literaturen. Für den Newsletter hat Maximilian von Platen ihn interviewt.

Wie sind Sie nach Deutschland gekommen?

Ich bin 23 Jahre alt und stamme aus Aleppo in Syrien. Nach dem Abitur wollte ich dort Medienwissenschaft studieren, aber die Noten haben nicht dafür gereicht und es war Krieg. 2015 bin ich vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland geflohen. 

Ich war nach meiner Flucht an verschiedenen Orten in Deutschland, unter anderem sechs Monate in einer Sammelunterkunft in Sigmaringen. Danach habe ich sechs Monate in einer Zeltunterkunft in Nürtingen verbracht. Nachdem ich meine Aufenthaltsgenehmigung erhalten habe, hatte ich die Chance eine Wohnung in der Nähe von Nürtingen zu mieten. Ich habe von Anfang an versucht, möglichst viel mit Deutschen zusammen zu sein, um mein Deutsch zu verbessern. Ich habe auch Sprachkurse belegt und das Sprachniveau B1 erreicht. Eine Freundin hat mir dann vom Refugee Programm erzählt. 

Was muss man machen, um einen Platz im Refugee Programm zu bekommen? Was haben Sie im Refugee Programm gelernt, welche Unterstützung haben Sie bekommen?

Ich habe mich für das Refugee Programm beworben und wurde dann zum Vorstellungsgespräch bei Frau Rubas eingeladen. Nach meiner Zulassung hat im Oktober 2017 der zweisemestrige Vorbereitungskurs für das Studium, also das Refugee Programm, für mich begonnen. 

Das erste Semester, das sogenannte Orientierungssemester, bestand für uns aus einem Intensivkurs Deutsch und aus Kursen zur Kultur Deutschland. Hier haben wir viel über kulturelle Werte, Geschichte, Politik und das Leben in Deutschland erfahren. Praktisches haben wir vor allem im Training zur Interkulturellen Kommunikation gelernt. Einige Kurse waren auf Englisch, die anderen auf Deutsch. In der Weihnachtszeit ist der ganze Kurs gemeinsam nach Nürnberg gefahren. Dort haben wir das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, als Ergänzung zu unserem Kurs „Politik & Geschichte“. Auch ein Besuch des Christkindelsmarktes stand in Nürnberg auf dem Programm. 

Im zweiten Semester, dem Fit-for-Study-Semester, stand die Vorbereitung auf die DSH-Sprachprüfung im Vordergrund. Gleichzeitig wurden Einführungskurse in verschiedene Fächer angeboten, je nach Interessen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Zum Abschluss des Integrationsprogramms haben wir eine Exkursion an den Bodensee gemacht.

Jeder von uns hatte während des Refugee Programms einen studentischen Buddy an seiner Seite, also eine Art Mentor bzw. Mentorin. Die Buddies haben uns durch die Universität geführt und uns erklärt, wie wir uns auf das Studium vorbereiten können. Meine Mentorin studiert Politikwissenschaft und hat mich immer unterstützt, das hat mir in diesem Jahr sehr geholfen. Mit unseren Mentoren haben wir über Gott und die Welt diskutiert, haben viel zusammen unternommen und waren regelmäßig gemeinsam in der Mensa.

Ein paar kleine Anlaufschwierigkeiten hatte ich in Fächern wie Mathematik, Chemie oder auch Politik. Aber am Ende habe ich das alles geschafft. 

Wie sah die Abschlussprüfung aus? Wie viele Teilnehmer aus wie vielen Ländern haben am Programm teilgenommen?

Am Ende des Kurses habe ich die DSH-Prüfung abgelegt, die Voraussetzung zum Studium ist. Mündlich habe ich dabei das Niveau C2 erreicht, schriftlich das Niveau C1. Die Mindestanforderung variiert pro Studiengang. In jedem Fach mussten wir eine Prüfung ablegen. Insgesamt gab es mehr als 40 Teilnehmer, in meinem Kurs waren wir 20 – aus ganz unterschiedlichen Ländern, wie Irak, Syrien oder Gambia. Über die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben den Kurs erfolgreich absolviert und beginnt zum Wintersemester mit dem Studium. 

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Ich studiere seit dem Wintersemester 2018/2019 an der Universität Tübingen Medienwissenschaft auf Bachelor, mit Internationalen Literaturen als Nebenfach. Anfang Oktober hat mein Studium mit der Orientierungswoche begonnen. Dort habe ich bereits gelernt, dass fast alles, was im Studium wichtig ist, über das Campus-System läuft. 

Nach meinem Studium möchte ich gerne als Korrespondent für eine Zeitung oder das Fernsehen arbeiten. Irgendwann werde ich vielleicht nach Syrien zurückkehren, und ich möchte gerne meine Eltern wiedersehen. Sie sind noch in Aleppo, es ist schwierig Kontakt mit ihnen zu halten.

Refugee Programm der Universität Tübingen

Das Refugee Programm besteht aus drei Bausteinen:

  • dem kontinuierlichen Aufbau der Sprachkenntnisse,
  • Kursen zur kulturellen Orientierung,
  • Fachkursen in den einzelnen akademischen Disziplinen.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung sind das B1-Zertifikat in Deutsch und eine Hochschulzugangsberechtigung (geprüft durch die Internationale Studienberatung an der Universität) sowie ein Motivationsschreiben.

Zur Erläuterung: Im deutschen Abitur erreicht man in der Fremdsprache Englisch ein B2/C1-Niveau in der Regel nach vielen Jahren Englischunterricht.

Ab April 2019 kann man sich voraussichtlich wieder für das nächste Refugee Programm 2019/20 bewerben.