Uni-Tübingen

Poetik-Dozentur 2007

Feridun Zaimoğlu

Feridun Zaimoğlu, 1964 in der Türkei geboren, ist in Ludwigshafen, Berlin und München aufgewachsen und lebt seit vielen Jahren in Kiel. Nach anfänglichem Studium der Medizin und Kunst entschied er sich bald für eine Existenz als freier Schriftsteller und Maler. Bekannt wurde Zaimoğlu in den neunziger Jahren durch seine Bücher Kanak-Sprak, Abschaum und Koppstoff, in denen er Interviews mit (meist) sozial deklassierten Männern und Frauen türkischer Abstammung zu einer Folge provozierender Sprachportraits vom "Rande der Gesellschaft" verdichtete. Seitdem ist Zaimoğlu, der immer wieder lustvolle Hiebe sowohl gegen das "Multikulti-Getue" als auch gegen den "Identitätsmist" der festen Zuordnung zu Herkunftskulturen austeilt, eine der wichtigsten Stimmen in der anhaltenden Integrationsdebatte (der "Quotentürke der Feuilletons", wie er selbst die ihm vom Kulturbetrieb zugedachte Rolle ironisch kommentiert). Spätestens seit seinem Auftritt beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb 2003 würdigt man Feridun Zaimoğlu jedoch auch als einen der herausragenden Erzähler der deutschen Gegenwartsliteratur, der in einer hochpoetischen und zugleich detailgesättigten, wirklichkeitsnahen Prosa wunderbare kurze Liebesgeschichten (Zwölf Gramm Glück) so gut wie ein groß angelegtes Familienepos (Leyla) zu gestalten versteht. In seinem neuesten Buch Rom intensiv unternimmt Zaimoğlu, der Europäer zwischen Ägäis und Ostsee, zwischen anatolischem Islam und norddeutschem Protestantismus, ethnographische Streifzüge durch die ehrwürdige Hauptstadt der antiken Mythen und des modernen Katholizismus: ein eigenwilliger Rom-Reiseführer, der durch sprühenden Witz und "poetische Beobachtungen, die einer beispielhaften Offenheit geschuldet sind" (FAZ), überzeugt.

Publikationen (Auswahl):
Liebesbrand. Köln 2008.
Kanak-Sprak. 1995 (7. Aufl. Berlin 2007).
Abschaum. Berlin 1997.
Liebesmale, scharlachrot. Roman. Hamburg 2000.
Kopf und Kragen. Kanak-Kultur-Kompendium. Frankfurt/M. 2001.
German Amok. Roman. Köln 2002.
Leinwand. Roman. Hamburg 2003.
12 Gramm Glück. Köln 2004.
Leyla. Roman. Köln 2006.
Rom intensiv. Mein Jahr in der ewigen Stadt. Köln 2007.

 

 

 

Ilija Trojanow

Ilija Trojanow wurde 1965 in Sofia geboren. Mit sechs Jahren floh er mit seiner Familie über Jugoslawien und Italien nach Deutschland. Einen Großteil seiner Jugend verbrachte er dann in Kenia, wo sein Vater als Ingenieur arbeitete. In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre studierte Trojanow Jura und Ethnologie in München und gründete zwei Verlage, die sich um die Vorstellung afrikanischer Literatur in Deutschland bemühten. Seine eigene literarische Laufbahn begann Trojanow als Verfasser von Sachbüchern über Afrika und Übersetzer afrikanischer Literatur. 1996 erschien sein erster Roman Die Welt ist groß und Rettung lauert überall, der die familiären Erfahrungen der Flucht und Asylsuche verarbeitet. Trojanow, der um 2000 mehrere Jahre in Indien lebte, darüber hinaus aber immer wieder auch in Südafrika, Großbritannien und Osteuropa anzutreffen ist, gilt als der "internationalste deutsche Gegenwartsautor". Er ist ein Virtuose der literarischen Erschließung fremder Kulturen, der - nach zwei faszinierenden Bänden mit Reportagen über eine Gangesfahrt (An den inneren Ufern Indiens) und eine Pilgerreise nach Mekka (Zu den heiligen Quellen des Islam) - in seinem bislang erfolgreichsten Buch einen Weltensammler portraitiert, der ihm ein Jahrhundert voranging: den britischen Kolonialoffizier Richard Burton, der mehr als zwanzig Sprachen lernte, Indien und Afrika durchquerte und durch seine Berichte eine staunende europäische Leserschaft an diesen Expeditionen ins Fremde teilhaben ließ. Wie er selbst auf den Spuren Burtons reiste und in einer Art von Doppelblick - eigene Anschauung und Nachvollzug der Beobachtungen des englischen Abenteurers - die im Zeitalter der Globalisierung nähergerückte und doch rätselhafte Fremde erfuhr, ist Gegenstand von Trojanows jüngst erschienenem Buch Nomade auf vier Kontinenten.

 

Publikationen (Auswahl):
Der entfesselte Globus. Reportagen. München 2008.
Die Welt ist groß und Rettung lauert überall. München 1996.
Hundezeiten. Heimkehr in ein fremdes Land. München 1999.
An den inneren Ufern Indiens. München 2003.
Zu den heiligen Quellen des Islam. München 2004.
Gebrauchsanweisung für Indien. München 2006.
Der Weltensammler. München 2006.
Die fingierte Revolution. Bulgarien, eine exemplarische Geschichte. München 2006.
Nomade auf vier Kontinenten. Frankfurt a.M. 2007.