Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2012: Leute

Wichtige Beiträge zur Pflanzenphysiologie und Molekularbiologie

Zum Tod von Professor Dr. Hanns Ulrich Seitz ein Nachruf von Vera Hemleben, Maike Petersen, Harald Stransky und Gerd Jürgens

Mit Hanns Ulrich Seitz ist am 17. August 2011 ein begeisterter Forscher und Wissenschaftler, ein äußerst engagierter Hochschullehrer nach mehrjähriger, tapfer ertragener Krankheit verstorben. Bis zuletzt hat der „große Wüstenreisende“ gegen seine Krankheit gekämpft.

Hanns Ulrich Seitz, 1939 in Stuttgart geboren, hat seine Kindheit und Schulzeit in Esslingen verbracht. Hier war es besonders der bekannte Biologielehrer Ernst Waldemar Bauer, der ihn früh für biologische Fragen begeisterte. Ulrich Seitz hat in den 1960er-Jahren an den Universitäten Tübingen und Innsbruck Biologie studiert; abgeschlossen hat er sein Studium 1967 mit dem Staatsexamen und einer Zulassungsarbeit bei Professor Dr. Erwin Bünning. Von 1967 bis 1970 arbeitete er an seiner Dissertation bei Professor Dr. Gerhard Richter am Botanischen Institut der Universität Tübingen über den „RNA-Stoffwechsel bei pflanzlichen Zellkulturen“.

Der Umzug der Naturwissenschaften begann in dieser Zeit mit dem Institut für Botanik, das als Erstes auf der Morgenstelle bezogen wurde. Der etwas abenteuerliche vorweihnachtliche Umzug der radioaktiven Substanzen, die Seitz für seine Arbeiten benötigte, blieb allen Beteiligten, sogar dem damaligen Rektor der Universität gut im Gedächtnis. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch der Grundstock für die späteren Arbeiten von Ulrich Seitz gelegt. Die Zeit der Molekularbiologie hatte begonnen, und er konnte gemeinsam mit seiner Frau Ursula als einer der ersten Forscher an der Universität Tübingen an dieser Entwicklung teilhaben und wichtige Beiträge leisten. Nach der Promotion 1970 wurde Seitz Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Botanik und Pflanzenphysiologie der Universität Tübingen. Hier konnte er sich 1975 mit seinen Arbeiten zum Nukleinsäurestoffwechsel in Zellkulturen habilitieren. 1979 wurde er apl. Professor, 1980 zum Universitätsprofessor ernannt. Im Jahr 1985 erschien das Buch über die Methoden der pflanzlichen Zellkulturen.

Vom Nukleinsäurestoffwechsel ausgehend wurden über 40 Jahre in der Arbeitsgruppe von Ulrich Seitz unterschiedliche Themen bearbeitet und hochkarätige Ergebnisse erzielt. Daraus entstanden über 80 Publikationen, an mehreren davon war auch seine Frau beteiligt. Arbeiten mit und über pflanzliche Zellkulturen entstanden seit den 1970er-Jahren, unter anderem an der Karotte und am pharmazeutisch wichtigen Wolligen Fingerhut (Digitalis lanata). Forschungsaufenthalte am „Plant Biotechnology Institute“ in Saskatoon, Kanada, gaben wichtige Impulse. Große Themengebiete waren der Phenylpropan-Stoffwechsel und die Biosynthese von Anthocyanen sowie die Zellwand-Biosynthese. Es kamen die Biosynthese von Herzglycosiden und Arbeiten zur Induktion und Regulation von Sekundärstoffbiosynthesen durch Phytohormone, UV-Licht und Elicitoren hinzu.

Seit 1999 war Ulrich Seitz Leiter einer Forschungsgruppe am Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP). Insbesondere der Pythium-Elicitor spielte in den letzten wissenschaftlichen Jahren eine sehr große Rolle, die Arbeiten in Kooperation mit Kollegen aus dem ZMBP erschienen in international hoch anerkannten Journalen. Neben dieser aktiven Forschungs- und ebenso intensiven Lehrtätigkeit in der Pflanzenphysiologie ist aber auch der stete Einsatz von Ulrich Seitz für Belange des Instituts und der Fakultät für Biologie (heute Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät) hervorzuheben. In den Jahren 1977 bis 1979 war er Geschäftsführender Direktor des Instituts für Biologie I. Nach der Gründung des ZMBP 1999 hat er sehr zur Konsolidierung dieser neuen Einrichtung beigetragen. Zweimal - 1985/86 und 1994/95 - hat er in jeweils einjähriger Amtszeit als Dekan die Geschicke der Fakultät gelenkt. Von 1986 bis 1993 hat er als kompetenter und erfahrener Hochschullehrer den Diplomprüfungsausschuss der Fakultät als Vorsitzender geführt. Von 2001 bis 2004 war er Studiendekan der Fakultät. Nicht zuletzt sollte erwähnt werden, dass Ulrich Seitz sich auch besonders für die Unterstützung von Doktoranden in der Biologie durch die Reinhold und Maria Teufel-Stiftung eingesetzt hat. Er war von etwa 1990 bis zu seiner Pensionierung 2004 Vorsitzender der Kommission an der Universität Tübingen und hat mit seinen Ratschlägen zur Preisverteilung viele Doktoranden unterstützen können.

Seinen Ruhestand seit 2004 hat Ulrich Seitz unter anderem dazu genutzt, sein Interesse an Geologie und Paläontologie zu vertiefen. Auf den alljährlichen Reisen mit seiner Frau in die Wüsten Nordafrikas waren ihm die Gesteinsformationen interessant und wichtig geworden. Ein Buch über Fauna und Flora der Wüsten konnte er noch fast zur Vollendung bringen.

Die Universität Tübingen und die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät verlieren mit Hanns Ulrich Seitz ein wichtiges und tatkräftiges Mitglied, einen sehr geschätzten Kollegen und Freund. Einen Menschen, der den Mitarbeitern und Studierenden an der Universität stets äußerst hilfreich und freundschaftlich verbunden war.