Ende März fand die Auftaktkonferenz für den Sonderforschungsbereich „Bedrohte Ordnungen“ (SFB 923) an der Universität Tübingen statt. Tübinger Wissenschaftler wollen in dem neuen interdisziplinären Sonderforschungsbereich soziale Gefüge in Situationen untersuchen, in denen die bestehende Ordnung durch innere oder äußere Faktoren bedroht ist.
Lawinen, Sandstürme oder Erdbeben, so die Grundannahme, bedrohen Gesellschaften in anderer Weise als Revolten oder Revolutionen. Die Wissenschaftler wollen in diesem Zusammenhang aktuelle Krisendiagnostiken historisieren und die Modi schnellen sozialen Wandels analysieren. Über ein Modell „Bedrohte Ordnungen“ wollen sie dazu beitragen, die Raum‐ und Zeitkategorien in den Geisteswissenschaften neu zu diskutieren. Die 16 Teilprojekte des SFB 923 werden seit dem 1. Juli 2011 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Dauer von vier Jahren gefördert. Das Fördervolumen beträgt jährlich knapp zwei Millionen Euro.
Mit einem Vortrag von Mike Rapport von der schottischen Stirling Universität über die Domino-Theorie wurde die Konferenz „Bedrohte Ordnungen I“ eröffnet. Rapport reaktivierte das Konzept des Domino-Effekts aus den Zeiten des Kalten Krieges und wandte es an, um die sich rasch ausbreitenden Revolutionen in Frankreich 1789, Europa 1848 und den Arabischen Frühling 2011 zu beschreiben. Der vergleichende Zugriff auf Ereignisse verschiedener Zeiten und Räume war faszinierend, die im Konzept enthaltene mechanistische Betrachtungsweise wurde im Anschluss lebhaft diskutiert.
Yvonne Macasieb