Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2010: Schwerpunkt
Wenn die Ölquellen versiegen
Plädoyer für erneuerbare Energien
Das derzeitige "Ölzeitalter" hat uns billige Energie beschert, auf der wesentlich unser Wohlstand aufbaut. Leider sind es nicht nur Annehmlichkeiten, die uns die Nutzung der fossilen Energiereserven bringt. Wie alle Bodenschätze sind diese endlich und begrenzt, und die Streitfrage ist nur, ob beispielsweise "peak oil" erreicht ist oder erst in 20 Jahren.
Zusätzlich führt die ungezügelte Verbrennung der fossilen Brennstoffe zu einer besorgniserregenden Erhö-hung der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre. Seit Beginn des industriellen Zeitalters hat diese Konzentration um vierzig Prozent zugenommen und ist so hoch wie seit Jahrmillionen nicht mehr. Parallel dazu beobachten wir einen Anstieg der globalen Erdtemperatur aufgrund des vor allem vom Kohlendioxid ausgelösten Treibhauseffektes. Die Studien des Weltklimarates sagen einen weiteren Anstieg von bis zu sechs Grad zum Ende dieses Jahrhunderts voraus, wenn nicht der Emission von Treibhausgasen wirksam Einhalt geboten wird.
Um beiden Problemen begegnen zu können, ist eine nachhaltige Energieversorgung notwendig, die nicht auf der weiteren Nutzung fossiler Energieträger basiert. Auf lange Sicht kommen hierfür nur erneuerbare Energien in Betracht, selbst wenn dereinst Kernspaltung und Kernfusion umweltgerecht zur Energiegewinnung zur Verfügung stehen sollten. Die Sonne liefert uns täglich zehntausend Mal mehr Energie als wir global benötigen, für Deutschland immerhin noch das Hundertfache des Bedarfs.
Es liegt deshalb an uns, diese Energie für unsere Zwecke so zu nutzen, dass sie unseren Bedürfnissen jederzeit gerecht wird. Dazu braucht es zu allererst ein grundlegendes Verständnis der Natur und ihrer Gesetze, wie auch deren Umsetzung in intelligente Technik, die uns hilft, ohne einschneidenden Komfortverlust Energie einzusparen und die Sonnenenergie in ihren verschiedenen Varianten optimal zu nutzen.
Neben umfangreichen Forschungsarbeiten zu dieser Thematik sowohl in den Natur- als auch den Geistes- und Sozialwissenschaften ist die Wissensvermittlung eine vordringliche Aufgabe. Auf beiden Gebieten kann die Universität Tübingen entscheidende Beiträge liefern. Das für Studierende aller Fächer offene "Studium Oecologicum", das im Career Service unter dem Schwerpunkt "Nachhaltigkeit" geführt wird, der Arbeitskreis Klima am Forum Scientiarum und insbesondere die Studierendeninitiative "Greening the University" sind Beispiele für eine aktive Beteilung von Studierenden und Lehrenden der Universität Tübingen an einer der aktuellsten Fragestellungen der heutigen Zeit. Die Ausbildung von angehenden Lehrern als Multiplikatoren in die Gesellschaft hinein ist ein Schlüsselanliegen des Seminars „Nachhaltige Energieversorgung“ im Ethisch-Philosophischen Grundlagenstudium (EPG), das die fachwissenschaftlichen und fachübergreifenden ethischen und gesellschaftlichen Aspekte verbindet.
Darüber hinaus kann die Universität Tübingen eine Vorbildfunktion übernehmen. Dafür muss es ein vordringliches Anliegen für die Universität sein, die schwierige Situation bei der inneruniversitären Energienutzung umzuwandeln in ein von Nachhaltigkeit und intelligentem Energiesparen geprägtes Verhalten. Dazu gehört, dass Neubauten und Gebäuderenovierungen den neuesten Stand ökologischen Bauens widerspiegeln. Die Universität Tübingen hat mit der Einrichtung eines Umweltmanagementsystems den Grundstein gelegt, um ihrem Bekenntnis zu Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Umweltbewusstsein auch nachhaltige Taten folgen zu lassen.
Professor Dr. Heinz Clement
Die Vorträge der Studium-Generale-Reihe "Klimawandel und Energiewende" im Sommersemester 2010 sind als Video auf dem timms-Server abrufbar.
Auf den Seiten der Fakultät für Mathematik und Physik finden Sie weitere Materialien zur Vortragsserie.