Uni-Tübingen

Verleihung der Ehrensenatorenwürde der Universität Tübingen an Christian O. Erbe

Rede der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL am 8. Februar 2024 in der Alten Aula

- Es gilt das gesprochene Wort -

"Magnifizenz – sehr geehrte Frau Professorin Pollmann,
sehr geehrter Herr Präsident Erbe,
liebe Familie Erbe,
liebe Festgäste,

wenn es etwas gibt, das Baden-Württemberg in wirtschaftlicher Hinsicht ganz besonders auszeichnet, dann sind es – neben unseren starken Mittelständlern – vor allem die kurzen Wege zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Schon Lothar Späth hat die Notwendigkeit eines lebendigen Technologietransfers mit den Worten auf den Punkt gebracht: „Was der Professor – oder die Professorin – weiß, das müssen unsere Unternehmen jederzeit abrufen können.“ Und er hat maßgeblich dazu beigetragen, entsprechende Strukturen bei uns im Land zu etablieren. Die enge Vernetzung von Wissen und Wirtschaften ist für unsere wissens- und technologieintensiven Branchen natürlich von zentraler Bedeutung – ich möchte fast sagen, heute mehr denn je, denn der Wettlauf um die High-Tech-Standorte der Zukunft ist gerade weltweit in vollem Gange.

Nun gibt es kaum jemanden, der für die Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft so überzeugend und beispielhaft steht wie Christian Erbe. Es ist mir eine große Ehre und ich freue mich sehr, heute anlässlich Ihrer Ernennung zum Ehrensenator der Universität Tübingen die Laudatio auf Sie halten zu dürfen. Der Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Wirtschaft war Ihnen, lieber Herr Erbe, gewissermaßen schon in die Wiege gelegt. Ihr traditionsreiches Familienunternehmen Erbe Elektromedizin hat seit seiner Gründung Mitte des 19. Jahrhunderts immer auf die intensive Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Medizinern auch und gerade der Universität Tübingen gesetzt.

Bis heute steht Ihr Unternehmen mit seinen hochinnovativen Medizintechnikprodukten in herausragender Weise für den Forschergeist der ganzen Region. Ihrem persönlichen Beitrag, Ihrem Ideenreichtum und Ihrer Tatkraft ist es mit zu verdanken, dass Baden-Württemberg innerhalb Europas zu den führenden Standorten für Medizintechnik zählt. Ihr Engagement, lieber Herr Erbe, geht aber bekanntlich noch weit über das eigene Unternehmen hinaus: 

Als Präsident sowohl der Industrie- und Handelskammer Reutlingen als auch des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags sind Sie ein starker Streiter für die Interessen von rund 650.000 Unternehmen in unserem Land. Dabei nehmen Sie kein Blatt vor den Mund und scheuen sich nicht, in diesen krisengeschüttelten Zeiten auch unangenehme Wahrheiten deutlich auszusprechen: So haben Sie zum Beispiel vor kurzem weithin beachtet einen Realitätscheck bei der Energiewende angemahnt.

Anlass war eine Stromstudie für Baden-Württemberg, die der BWIHK in Auftrag gegeben hatte. Die Studie prognostiziert bis 2040 einen stark steigenden Strombedarf im Land, den wir durch eigene Kapazitäten allein nicht werden decken können. Selbst wenn das Ausbau-Tempo bei den Erneuerbaren Energien deutlich erhöht und alle realistischen Potenziale ausgeschöpft werden, bleibt nach Auskunft der Studie ein nicht unerheblicher Strom-Importbedarf übrig. Wir müssen also sowohl bei den Erneuerbaren als auch beim Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze viel schneller als bisher vorankommen, wenn Wunsch und Wirklichkeit nicht länger auseinanderklaffen sollen. 

Ich unterstütze in diesem Zusammenhang ausdrücklich Ihren Ruf nach attraktiven Rahmenbedingungen für private Investitionen. Ohne ausreichend privates Kapital wird weder der Ausbau der Erneuerbaren Energien noch der Stromnetze noch der notwendigen Back-up-Kraftwerke in der gewünschten Zeit zu stemmen sein.

Auch beim gemeinsamen Neujahrsempfang von IHK und Handwerkskammer Reutlingen haben Sie unlängst Klartext geredet und die aktuelle Unzufriedenheit vieler Unternehmen mit der Politik auf den Punkt gebracht. Vor allem die überbordende Bürokratie enge unsere Betriebe zunehmend ein und nehme ihnen die Luft zum Atmen. Als Ministerin schätze ich solche klaren Ansagen aus der Wirtschaft. Sie wissen, dass ich Ihre Analyse weitgehend teile. Seit Jahren findet unseren Unternehmen gegenüber eine Art Misstrauensgesetzgebung statt, die zu immer weiter ausufernden Berichts-, Dokumentations- und Nachweispflichten führt. Dieser Trend muss endlich gebrochen werden! Was wir auf Landesebene hier beitragen können, gehen wir jetzt gemeinsam mit der Wirtschaft und der kommunalen Ebene in unserer Entlastungsallianz an.

Genauso, wie Sie, lieber Herr Erbe, in der Politik als Rat- und Impulsgeber hoch geschätzt sind, so ist es auch in der Wissenschaft – Frau Professorin Pollmann hat schon einiges dazu gesagt. Seit vielen Jahren sind Sie ein außergewöhnlich engagierter Unterstützer der Universität Tübingen. Als Vorsitzender des Universitätsbundes ermöglichen Sie beispielsweise Projekte wie den „Tag der Mathematik“, um Schülerinnen und Schüler für ein Studium in den so genannten MINT-Fächern zu begeistern. Der Universitätsbund ist außerdem ein umtriebiger Vernetzer. Er stärkt die Verbindung von Wirtschaft und Gesellschaft zu Forschung und Lehre und versucht diese auf vielfältige Weise fruchtbar zu machen. Darüber hinaus engagieren Sie sich für die Medizinische Fakultät – insbesondere den Studiengang Medizintechnik –, aber auch in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. So sind Sie aktives Mitglied im Advisory Board der Tübingen School of Education.

Meine Damen und Herren, der große Reutlinger Nationalökonom Friedrich List hat schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der „Produktion der produktiven Kräfte“ als einer wichtigen Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung gesprochen. Zu diesen „produktiven Kräften“ zählen ganz wesentlich Bildung, Aus- und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung. Gerade in unserem rohstoffarmen Südwesten waren die Ressourcen in den Köpfen der Menschen unsere beste Chance auf wirtschaftlichen Aufstieg. Und bis heute sind das Bildungs- und Ausbildungssystem, sind Wissenschaft, Forschung und ein funktionierender Technologietransfer entscheidende Treiber unseres wirtschaftlichen Erfolges.

Sie, lieber Herr Erbe, haben sich immer mit großem Nachdruck für die bewusste Wahrnehmung und Pflege dieser Zusammenhänge in unserem Land eingesetzt. Als erfahrener und kompetenter Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sind Sie in meinen Augen ein idealer Ehrensenator der Universität Tübingen. Ich gratuliere Ihnen von Herzen zu dieser Ernennung. Aber ich gratuliere auch der Universität Tübingen zu ihrer Wahl!  Wir können uns in Baden-Württemberg glücklich schätzen, solche engagierten Unternehmer wie Sie, lieber Herr Erbe, zu haben.

Lieber Herr Erbe: Danke für Ihren großen Einsatz – und noch einmal herzlichen Glückwunsch!" 

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