Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2020: Leute

Missionswissenschaftler aus Überzeugung

Zum Tode von Professor Dr. Peter Beyerhaus ein Nachruf von Volker Leppin

Die Evangelisch-Theologische Fakultät Tübingen trauert um ihr verstorbenes Mitglied Peter Beyerhaus. Er ist in der Nacht auf den 18. Januar 2020 verstorben – an diesem Tag feierte das Albrecht-Bengel-Haus Tübingen sein 50-jähriges Bestehen. Dieser Institution blieb er seit seiner Zeit als Rektor in der Gründungsphase von 1970-1974 intensiv verbunden. Mit ihr wollte er der von ihm mit zunehmender Skepsis betrachteten universitären Theologie, wie sie sich unter den Bedingungen der Moderne entfaltet hat, eine Förderung missionarischer Verkündigung entgegen- und an die Seite stellen.

Den Weg zur wissenschaftlichen Qualifikation hatte er in Uppsala mit einer Dissertation über „Die Selbständigkeit der jungen Kirchen als missionarisches Problem“ beschritten. Das spezifische Profil seines akademischen Mentors Bengt Sundkler, die Verbindung aus ökumenischer Orientierung und missionstheologischer Zuspitzung, wurde seines: Nach einer Tätigkeit als Dozent am Lutheran Seminary in der damaligen südafrikanischen Provinz Natal wirkte er von 1966-1997 als Ordinarius für Missionswissenschaft und Ökumenische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen, der er 1974/75 auch als Dekan diente. Den Ruf hatte er nur zögernd angenommen, weil er seine Aufgabe eigentlich vor Ort im südlichen Afrika sah. Eine Generation lang hat er dann in Tübingen Studierende geprägt – als Orientierung gebender Lehrer wie als Repräsentant einer evangelikalen Theologie, mit der der Nachwuchs sich jedenfalls auseinandersetzen musste. Am 14. Februar 1997 verabschiedete er sich mit einer Vorlesung zu seinem Lebensthema: „Das Heil in Jesus Christus und die Heilssuche in den Religionen“.

Peter Beyerhaus war aus Überzeugung Missionswissenschaftler im strengen Sinne des Wortes. Er knüpfte mit seinen Überlegungen an die Tübinger Tradition heilsgeschichtlicher Deutung der biblischen Schriften an und forderte die unbedingte Grundlegung der Mission durch eine in diesem Sinne verstandene Heilige Schrift. Sein „pneumatisch-heilsgeschichtliches“ Herangehen an den biblischen Text setzte er in Gegensatz zur historisch-kritischen Auslegung. Die damit verbundene scharfe Gegnerschaft zu der überwiegenden Mehrheit akademischer Theologie vertrat er nicht nur engagiert innerhalb der Universität, sondern auch an anderen Institutionen zur Ausbildung des missionarischen Nachwuchses, etwa als Gründungsrektor der Freien Hochschule für Mission in Korntal.

Die Spannung zwischen Mitwirken einerseits und Entwicklung und Sammlung von Gegenkräften andererseits zeichnete auch sein weltweites Wirken im Horizont der Ökumene aus: Als die Versammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1968 in Uppsala die Verantwortung der weltweiten Kirchengemeinschaft für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt schärfte, gehörte Beyerhaus zu den Initiatoren der zwei Jahre später formulierten „Frankfurter Erklärung zur Grundlagenkrise der Mission“ unter dem biblischen Motto: „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte!“ (1 Kor 9,11) Das damit ausgedrückte evangelikal geprägte Missionsverständnis brachte er dann auch in Weltmissionskonferenzen und Vollversammlungen des ÖRK auf internationaler Ebene ein. Die internationale Reputation, die er hierdurch erlangt hat, zeigen vielfältige Ehrungen wie die Ehrendoktorwürde der Trinity International University, Deerfield (IL), oder Lehraufträge in Südkorea, Japan und Belgien.

Den theologischen Resonanzraum für dieses Engagement bildete dabei stärker als die Evangelisch-Theologische Fakultät der „Theologische Konvent Bekennender Gemeinschaften“, dem er 1972- 2005 vorstand und der sich wiederholt durch Erklärungen hervortat, in denen zum Teil scharfe Kritik an der gegenwärtigen Kirche und Theologie, für welche auch die Evangelisch-Theologische Fakultät Tübingen steht, geübt wurde. Zunehmend sah er sich darin mit konservativen Kreisen der römisch-katholischen Kirche und Theologie verbunden.

Peter Beyerhaus hat gerade auch in der markanten Auseinandersetzung zum Profil und zur Entwicklung der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen beigetragen. Wir bewahren ihm ein ehrendes Andenken.