Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2010: Termine und Veranstaltungen

Ulrich Wickert zu Gast an der Universität Tübingen

„Wer über das Bild verfügt, hat Macht“

Ende September war der Fernsehjournalist Ulrich Wickert zu Besuch an der Universität Tübingen. Gemeinsam mit seinen Kollegen Jörg Armbruster und Ulrich Tilgner sowie weiteren Fernsehjournalisten nahm er an einer Tagung des Seminars für Allgemeine Rhetorik teil. Die „Praktiker" diskutierten gemeinsam mit den Wissenschaftlern über „Grenzen und Perspektiven der Fernsehvisualisierung“. Am Abend sprach Ulrich Wickert im bis auf den letzten Platz gefüllten Festsaal der Universität über "Macht und Verantwortung der Medien". Seinen Stuhl brachte er dabei selber mit, denn der spontane Umzug aus dem kleineren Audimax in den Festsaal glich einer Reise nach Jerusalem, bei der der Vortragende zunächst den Kürzeren zog…


Wickert begrüßte sein Publikum mit den Worten: „Ich werde heute zu Ihnen als Handwerker sprechen!“ Schnell wurde jedoch deutlich, dass dem Handwerker Wickert das Thema Medienethik besonders am Her-zen liegt. Die Aufgabe des Journalisten liege darin, ganz im Sinne der Aufklärung den Menschen aus seiner Unmündigkeit zu befreien, sagte er. Neben den Regeln und Aufgaben der Journalisten ging Wickert auch auf deren Freiheit ein. Diese Freiheit bedeutet für ihn, von der eigenen Vernunft öffentlich Gebrauch zu machen und aus der Flut an Informationen kritisch auszusortieren, was letztlich zur Nachricht wird. Doch „Aufklärung heißt auch, Orientierung zu geben“. Unerlässlich ist für Wickert deshalb, „dass der Journalist weiß, worüber er berichtet. Wichtig ist, dass er das Bedeutende vom Unwichtigen trennt.“ Die oberste Regel dabei sei die Beachtung der Menschenwürde, und zwar sowohl des Zuschauers wie auch desjenigen, der im Bild gezeigt werde. Gerade das Fernsehen neige dazu, der Sensation den Vorrang vor der Menschenwürde zu geben. „Wer über das Bild verfügt, hat Macht“, so Wickert. Deshalb müsse die oberste Maxime für einen Journalisten stets sein, mit seiner Macht verantwortungsvoll umzugehen.


Wickert fand an diesem Abend die richtige Mischung aus ernsthafter thematischer Beschäftigung und Anekdoten aus seiner Zeit als „Mister Tagesthemen“. Und zum Abschied wünschte er seinen gut unterhaltenen Zuhörern „einen angenehmen Abend und eine geruhsame Nacht“ – fast wie früher.


Sarah Weltecke