Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2011: Forschung

Weltweit einmaliges Trainings- und Forschungszentrum für klinische Anatomie

Universität Tübingen weiht neuen Operationssaal mit elf Arbeitsplätzen ein

Das Anatomische Institut der Universität Tübingen konnte im Februar 2011 ein weltweit einmaliges chirurgisches Forschungszentrum eröffnen: Einen neuen OP-Bereich mit elf vollwertig ausgestatteten und vernetzten Operationsarbeitsplätzen. „Für das Fach Anatomie besteht jetzt die Möglichkeit, sich neu zu orientieren, denn nun können wir uns ein neues Tätigkeitsfeld eröffnen“, sagt Dr. Bernhard Hirt, Leiter der Klinischen Anatomie und Makroskopie der Universität Tübingen.


Im neuen OP-Bereich können Ärzte chirurgische Eingriffe an Humanpräparaten in realistischer OP-Umgebung trainieren. „So können chirurgische Eingriffe sicherer werden“, erklärt Bernhard Hirt. „Das ist wichtig für eine Weiterentwicklung im Bereich Chirurgie.“ Zudem entwickeln und testen medizintechnische Unternehmen Instrumente an anatomischen Präparaten, Studierende lernen bereits in den ersten Semestern moderne chirurgische und medizintechnische Verfahren kennen. „Damit entwickeln wir eine hohe Kompetenz in der chirurgischen Aus- und Weiterbildung“, sagt Hirt. „Die Anatomie wird lebendig gemacht und wendet sich in eine neue, sehr anwendungsbezogene Richtung.“

Ein weiterer Vorteil des neuen Operationssaales ist die Infrastruktur: Die Arbeitsplätze sind nicht nur professionell ausgestattet, sondern auch telemedizinisch vernetzt. Es gibt einen Regiearbeitsplatz mit Anbindung an den Hörsaal des Instituts sowie ein integriertes telemedizinisches System mit Möglichkeit zur weltweiten Anbindung. Damit ist es möglich, Live-Operationen in einen Hörsaal oder auch weltweit zu übertragen. Zusätzlich zu den Kursen vor Ort können so globale Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt werden, wie bereits nach Argentinien, Brasilien, Italien und Saudi-Arabien geschehen. „Unsere Arbeitsplätze sind so gut ausgestattet, dass wir dort theoretisch Patienten behandeln könnten“, sagt Bernhard Hirt. Die Eingriffe werden an so genannten Humanpräparaten durchgeführt. „Der Wunsch vieler, nach dem Tod der medizinischen und wissenschaftlichen Weiterentwicklung zu dienen, ist dadurch gewährleistet“, sagt Bernhard Hirt.


Bereits während der zweijährigen Probephase wurde die Kurstätigkeit aufgenommen und ein funktionierendes Netzwerk aus Unternehmern und Klinikern geschaffen. Jährlich nehmen derzeit über 800 Chirurgen, 400 Studierende und 20 medizinische Fachgesellschaften und Akademien an Aus- und Fortbildungsprogrammen teil. Die telemedizinische studentische Lehrveranstaltung der “Tübinger Sectio chirurgica“ mit live-OP-Übertragungen in Tübinger Hörsäle haben bereits etwa 10.000 Studierende absolviert. Ein Internet-Streaming der Veranstaltung hat zu einem inter-universitären Austausch geführt, dem Studierende zahlreicher deutschsprachiger Universitäten (Aachen, Berlin, Freiburg, Graz, Hamburg, Heidelberg, München, Würzburg) mit großem Interesse beigewohnt und sich über einen Live-Chat an den daran anschließenden fachlichen Diskussionen in Tübingen rege beteiligt haben.


Mit 60 nationalen und internationalen Operationskursen und mit zahlreichen experimentellen Einsätzen ist die Einrichtung bereits für ein Jahr im Voraus ausgebucht. 30 national und international agierende medizintechnische Firmen sind als Kooperationspartner geführt und nutzen die Infrastruktur für Entwicklungsarbeiten und Tests. Die Klinische Anatomie Tübingen findet mit ihrem neuen Operationssaal bis weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Anerkennung und wird inzwischen als Musterbeispiel für chirurgische Trainings- und Forschungszentren anerkannt und von internationalen Delegationen besichtigt, zuletzt von Universitätsmitgliedern aus den USA, Russland, Paraguay, Tschechien, Italien, Saudi Arabien und Deutschland.

Simona Steeger-Przytulla