Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2011: Forschung

Patentvermarktung in der Cloud

Die Anschubförderung für das Projekt PIPE ist ausgelaufen – vier Unis bündeln den Wissenstransfer aus der Wissenschaft in die Wirtschaft

Im Jahre 2002 ist den Universitäten in Deutschland durch eine Gesetzesänderung die Aufgabe zugewachsen, sich stärker als bis dahin um Patente und patentierbare Erfindungen zu kümmern, die aus ihren Instituten hervorgehen. Seitdem gehören nämlich die Rechte an den Erfindungen der Professoren dem Dienstherren, also dem Land. Um die Universitäten bei dieser Aufgabe zu unterstützen, hat das Bundeswirtschaftsministerium das Förderprogramm SIGNO Hochschulen aufgelegt, welches die Universitäten bei dem Aufbau geeigneter Strukturen für die Erfindungsbewertung, für die Patentierung und für die Verwertung der gewerblichen Schutzrechte unterstützt. Bei vielen Universitäten in Deutschland werden diese Tätigkeiten an eine externe Patentvermarktungsagentur als Auftrag vergeben.


Die Universität Tübingen ist einen anderen Weg gegangen. Sie hat sich mit drei anderen Universitäten – Freiburg, Göttingen und Saarland – zusammengetan und in überregionaler Zusammenarbeit Erfindungen und Patente nach ausgewählten Sachgebieten gebündelt. Das Projekt trägt den Namen PIPE – Pooling Intellectual Property Efficiently (www.pooling-ip.com) und hat seinen Sitz in Tübingen. Bei PIPE können Interessenten zunächst unabhängig von einer der beteiligten Universitäten nach Erfindungen in den Bereichen Pharmazie, Medizintechnik, Sensorik sowie Optik, Photonik und Photonic Imaging suchen. Eine gezielte Suche nach Forschungsthemen, das sogenannte Technologiescouting, wird auf 15 Forschungsgebieten angeboten. Das Bundeswirtschaftsministerium hat das Projekt zweieinhalb Jahre lang, von Oktober 2008 bis Ende März dieses Jahres, zu 90 Prozent finanziert; der Rest kam aus den beteiligten Universitäten und weiteren Ressourcen.

„Die Idee finde ich nach wie vor richtig“, sagt Dr. Rolf Hecker, in dessen Abteilung die Koordination von PIPE lag und liegt. Hecker leitet das Sachgebiet Technologietransfer der Abteilung Forschungsförderung und Technologietransfer im Dezernat I Forschung, Strategie und Recht der Universität Tübingen. Die Idee hinter PIPE beschreibt er so: „Die Universitäten sind Konkurrenten auf dem Markt der Wissenschaftler. Aber sie sind keine Konkurrenten auf dem Markt der Verwertungsrechte. Dort überlappen sich die Angebote nicht. Deshalb haben wir uns zu PIPE zusammengeschlossen.“


Wenn jede Universität ihre Rechte allein vermarkte, müsse ein interessiertes Unternehmen unter Umständen Dutzende von Hochschulen abfragen. Eine Universität könne andererseits ihre Rechte schon deshalb schlecht allein vermarkten, weil das Spektrum der Themen sehr breit ist. „Für den potenziellen Interessenten ist jede Hochschule für sich eher ein Hinterhofladen“, sagt Hecker. Bei PIPE dagegen wird eine thematische Suche angeboten. Dennoch findet die Betreuung der Wissenschaftler und der Erfindungen vor Ort an der Hochschule statt. „Wir glauben, man braucht die dezentrale Stärke vor Ort, denn dort kennt man den Wissenschaftler und sein Thema besonders gut“, sagt Hecker. „Wir bieten in der Cloud an; gebündelt könnten die Universitäten auch ein breites, komplettes Angebot bieten.“


Auf die Arbeit von PIPE ist Hecker stolz: „Das Meisterstück dieses Projektes besteht darin, dass es uns gelungen ist, uns ernsthaft über unsere Patente auszutauschen, und willig waren gemeinsam aufzutreten.“ Das Projekt habe „erfolgreiche Verwertungen erreicht, von denen wir glauben, dass wir sie ohne das Projekt nicht erreicht hätten“. PIPE werde „als Logo, Marke und gemeinsames Auftreten“ bestehen bleiben – nun aber ohne Förderung.


Rainer Klüting