Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2015: Forschung

175 Jahre Philologisches Seminar: Metageitnia-Tagung und neuer Förderverein

Seminar wurde 1838 an der Universität Tübingen gegründet

Die Metageitnia waren im antiken Athen ein jährliches Fest zu Ehren des Gottes Apollon. Dabei wurde die Freundschaft mit benachbarten Völkern gefeiert. Diese Tradition der Nachbarschaftspflege haben die Klassischen Philologen der Universität Tübingen 1980 mit der ersten Metageitnia-Tagung wieder belebt, beteiligt waren damals Kolleginnen und Kollegen aus Freiburg, Bern, Basel, Zürich und Strasbourg. An den 36. Metageitnia im Januar 2015 nehmen jetzt über 150 Forschende, Lehrende und Studierende von inzwischen 14 Universitäten aus Baden-Württemberg, der Schweiz, Österreich und Frankreich teil. Die Tagung findet zum fünften Mal in Tübingen statt. Etwas verspätet wird damit auch – zumindest informell – das 175-jährige Bestehen des im Jahre 1838 gegründeten Philologischen Seminars der Universität Tübingen begangen. Der neu gegründete Förderverein des Seminars fördert die internationale Tagung.

Rund 45 Vorträge wird es bei den Metageitnia geben. Die Themen spiegeln die ganze Bandbreite der Klassischen Philologie über einen Zeitraum von fast 3000 Jahren wieder – von den homerischen Epen über die lateinische Literatur der Antike bis ins neuzeitliche Latein des 18. Jahrhunderts. Die Vortragstitel zeigen auch die vielfältigen Querverbindungen zu anderen Disziplinen: Das Spektrum reicht von der „Medizinische(n) Metaphorik in den ‚Fröschen‘ des Aristophanes“ über die astronomische Dichtung Arats bis hin zu Lukrez‘ Religionskritik und dem neulateinischen Theater. Eröffnet wird die Tagung mit einem Vortrag des Freiburger Gräzisten Bernhard Zimmermann; den Abschlussvortrag hält Catherine Sensal von der Universität Besançon – der Gastgeberin der 37. Metageitnia im Jahr 2016. Eine wichtige Rolle bei den Metageitnia spielt auch die Möglichkeit zum nachbarschaftlichen Austausch über aktuelle Forschungsimpulse und -projekte. Alle Vorträge der 36. Metageitnia sind öffentlich.

„Die Klassische Philologie ist nicht so verstaubt wie man denken könnte – es ist in Tübingen auch aufgrund der Tradition ein sehr lebendiges und extrem vernetztes Fach“, betont Professorin Dr. Anja Wolkenhauer, die derzeitige geschäftsführende Direktorin des Philologischen Seminars, auch im Namen der Kollegen – der Gräzistin Irmgard Männlein-Robert und des Latinisten Robert Kirstein (der seinerseits Jürgen Leonhardt, den derzeitigen Dekan der Philologischen Fakultät, vertritt). „Beide Sprachen – Griechisch und Latein – sind tatsächlich Querschnittdisziplinen. Es gibt Beziehungen zu fast allen Philologien, zu Natur- und Gesellschaftswissenschaften, bei der Gräzistik insbesondere auch zu den Theologien und zur Philosophie“, so Wolkenhauer. Die Fächer der Klassischen Philologie sind an zahlreichen interdisziplinären Verbundprojekten beteiligt. Darüber hinaus sind beide Fächer stark in die Lehrerausbildung eingebunden, zurzeit gibt es rund 450 Lehramtsstudierende der alten Sprachen an der Universität Tübingen. Für die gesamte Universität bietet das Philologische Seminar Graecums- und Latinumskurse an, die von fast 1000 Studierenden besucht werden. „Die Anforderungen an die Studierenden der Philologie sind hoch, sie benötigen viel analytisches Verständnis und Durchhaltevermögen“, sagt Anja Wolkenhauer. Dafür sind die Berufsaussichten nicht schlecht: Bundesweit gibt es rund 750.000 Latein- und 15.000 Griechisch-Schüler, die „versorgt“ werden müssen, dabei ist Baden-Württemberg ganz vorn dabei.

Latein war bei der Gründung der Universität Tübingen im Jahr 1477 die alleinige und in der Folge lange Zeit die vorherrschende Unterrichtssprache. Die Gründung des Philologischen Seminars erfolgte erst 1838, als die anderen Fächer sich vom Latein und der Lateinischen Unterrichtssprache entfernten und das ehemals Selbstverständliche zum Besonderen und Eigenen wurde. In dieser Zeit wurde auch der Besuch des Humanistischen Gymnasiums in Deutschland zur Zugangsvoraussetzung für die Universität, es gab somit Bedarf an Latein- und Griechischlehrern. Heute hat Deutschland eine gewisse Sonderstellung in Europa erlangt, weil die altsprachliche Ausbildung hier an den Schulen noch beziehungsweise wieder hohen Zuspruch erfährt und die Lehrerausbildung dadurch immer noch zentraler Aspekt des altsprachlichen, besonders des Lateinstudiums ist. Vergleichbar sei die Situation noch in Italien und Österreich, während in Frankreich, der Schweiz oder Großbritannien deutlich weniger Schüler Latein lernten, erläutert Wolkenhauer. Als Forschungsgegenstand seien Griechisch und Latein jedoch an Universitäten in aller Welt vertreten, selbst in Japan und in China.


„Für mich spiegeln die Metageitnia-Tagungen den heutigen Charakter der Klassischen Philologie sehr gut wieder: es gibt eine große Breite und Faches und eine intensive Vernetzung in die anderen Disziplinen und zugleich in die anderen Länder. Aufgrund der Tradition, der Themen und der Textquellen können – und müssen – wir in der Klassischen Philologie international sehr eng zusammenarbeiten. Denn im Zentrum unserer Arbeit steht die Geistesgeschichte Europas“, betont die Latinistin Wolkenhauer.


Geschichte des Philologischen Seminars


Programm der 36. Metageitnia


Maximilian von Platen

Das Philologische Seminar in Zahlen

Förderverein des Philologischen Seminars

Auf Anregung der Studierenden haben Alumni, Studierende und Lehrende des Philologischen Seminars im November 2013 einen gemeinnützigen Förderverein gegründet. Zweck des Fördervereins ist es, Lehre und Forschung im Philologischen Seminar zu unterstützen, soweit öffentliche Mittel nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Dazu gehören insbesondere die Beschaffung und Weitergabe von Lehr- und Lernmitteln für die akademische Lehre sowie die Unterstützung von Veranstaltungen wie etwa der Nachwuchstagung Metageitnia. Gleichzeitig soll der Verein auch der Kontaktpflege zu den Alumni des Philologischen Seminars dienen.
Homepage Förderverein des Philologischen Seminars