Das empirisch-kulturwissenschaftliche Teilprojekt A7 widmet sich der Kunstkammer der württembergischen Herzöge. Kammern wie diese legten v. a. Adelige seit dem 16. Jh. an, um mithilfe von Kunst und Naturobjekten, Ethnographica und anderen seltenen Objekten ihren Status darzustellen. Aus solchen Wunderkammern gingen einerseits die Kunstmuseen, andererseits die naturhistorischen und weitere Museen hervor. Teile der Stuttgarter Kammer haben sich u. a. in den Beständen des Landesmuseums Württemberg (LMW) erhalten.
Von ihnen ausgehend will das Projekt zeigen, wie sich wandelnde Repräsentationsansprüche, institutionelle Settings und Kunstvorstellungen auf einen Objektbestand auswirkten, der im späten 16. Jh. als repräsentativ für aristokratische und später (vom 19. Jh. an) für bürgerliche Kultur fungierte. Konkret fragt es danach, welche Wertzuschreibungen und – darauf aufbauend – welche Kanonisierungsprozesse von Kunst und Kulturgut hier erkennbar werden. Besonders deutlich wird das für die Zeit um 1817 – die Zeit, als der König die Kunstkammer an den Staat übergab.
Die Perspektivierung auf konkrete Praktiken, Akteur:innen, Funktionen, institutionelle Gefüge und Alltagszwänge sollen die übergreifende Leitfrage beantworten helfen: Welche Kunstvorstellungen und Ästhetikpragmatiken liegen einem Bestand zugrunde, der als adelige Sammlung begonnen wurde und dann im 19. und 20. Jh. den Grundstock mehrerer bürgerlicher Kulturinstitutionen bildete und so bis heute prägt, was uns als identitätsstiftendes Kulturerbe gilt?
An der Kunstkammer lässt sich analysieren, wie der Umschlag von einer aristokratischen (Repräsentations-)Ästhetik in die Ästhetik des 19. Jh. ganz konkret vonstattenging, wie er sich in Ausschlüssen und neuen Zuflüssen äußerte und wie später Institutionen wie das Museum daran maßgeblich mitwirkten. Letztlich geht es dabei immer auch um Wert- und Bedeutungszuschreibungen, die sich in Kanonisierungen und Kassationen äußern.