Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2025: Leute
Nestor des Kirchenrechts
Zum Tode von Professor Dr. Richard Puza ein Nachruf von Saskia Wendel und Bernhard Anuth
Am 23. August 2025 verstarb Professor Dr. Richard Puza, langjähriger Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen. Die Fakultät trauert mit seiner Familie um den Menschen Richard Puza und darüber hinaus um einen Hochschullehrer, der nicht nur Tübinger Studierenden mehr als 30 Jahre lang das Fach Kirchenrecht vermittelt, sondern in dieser Zeit auch die Fakultät maßgeblich mitgeprägt hat.
Richard Puza wurde am 17. August 1943 in Klagenfurt geboren, studierte in Graz Rechtswissenschaften und wurde 1965 zum Dr. iur. promoviert. Von 1966 an war er Assistent am Institut für Kirchenrecht der Juristischen Fakultät der Universität Graz, habilitierte sich dort 1972 mit einer kirchenrechtlichen Arbeit und war danach Universitätsdozent für Kirchenrecht. Als die Grazer Juristische Fakultät ihn 1979 zum Außerordentlichen Universitätsprofessor für Kirchliche Rechtsgeschichte und Staatskirchenrecht ernannte, hatte er sich bereits auf den Tübinger Lehrstuhl für Kirchenrecht beworben und vertrat diesen seit Beginn des Winter-semesters 1978/79. Vor seiner Berufung nach Tübingen waren allerdings noch einige Hürden zu nehmen: Dass die Katholisch-Theologische Fakultät mit Richard Puza einen Nichtpriester und Juristen berufen wollte, war kirchenrechtlich nicht vorgesehen und stieß auf entsprechenden Widerstand in Rottenburg, bei der Deutschen Bischofskonferenz und in Rom. Die Fakultät kämpfte gleichwohl um Puzas Berufung, holte Gutachten ein und war schlussendlich erfolgreich: Nach Erteilung des kirchlichen Nihil obstats wurde Richard Puza am 27. November·1980 in Tübingen zum ordentlichen Professor für Kirchenrecht ernannt und übte dieses Amt bis zu seiner Pensionierung im Sommer 2011 aus.
Viermal war er in dieser Zeit Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät (1981/82, 1991/92, 1998-2000, 2008-2010), mehrfach auch Prodekan und des Weiteren an der Fakultät lange verantwortlich für das Sokrates- und später das Erasmusprogramm sowie ihr Internationalisierungsbeauftragter. Zu all dem kam mehr oder weniger unausweichlich auch das inoffizielle Amt des (Kirchen-)Rechtsberaters der Fakultät, das Richard Puza über gut drei Jahrzehnte hinweg immer sehr hilfsbereit und zuverlässig ausgeübt hat.
Als Hochschullehrer hat Richard Puza nicht nur vielen Generationen von Studierenden in Tübingen das Kirchenrecht vermittelt, sondern auch internationale Gastprofessuren wahrgenommen, u. a. in Pavia, Palermo, Paris und Straßburg. Zudem organisierte er in Zusammenarbeit mit der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart seit 1989 regelmäßig Fachtagungen zu aktuellen kirchenrechtlichen Fragen und Problemen, die große Beachtung fanden, und gründete 1998 mit „Nomok@non“ das erste Online-Journal für Recht und Religion, das bis heute ein internationales Forum für kanonistische und religionsrechtliche Aufsätze im Internet bietet.
Es war Richard Puza immer wichtig, dem kanonischen Recht in der vom II. Vatikanischen Konzil als communio verstandenen Kirche einen Sitz im Leben einzuräumen und dabei insbesondere seine diakonische Funktion stark zu machen. Zudem betonte er stets die Elastizität des Kirchenrechts, in der mit unterschiedlichen Instrumenten im Einzelfall über das anzuwendende Gesetz hinaus oder auch dagegen richtige und gerechte Entscheidungen erreicht werden könnten. Die Katholisch-Theologische Fakultät trauert deshalb nicht nur um ein langjähriges Fakultätsmitglied, sondern auch um einen für sein Fach und dessen Vermittlung hochverdienten und -geschätzten Kollegen.