Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2016: Schwerpunkt

Eine neue Chance

Das „Stipendienprogramm des Landes Baden-Württemberg für Flüchtlinge aus Syrien“

Abeer Abou-Saab und Maria Lutfi sind Studentinnen an der Universität Tübingen. Maria, 26, bereitet sich mit Deutschkursen auf ihr Masterstudium vor, Abeer, 28, arbeitet schon an ihrer Doktorarbeit. Der Unterschied zu den meisten anderen internationalen Studierenden der Universität: die beiden jungen Frauen kommen aus Syrien, sie nehmen am Stipendienprogramm des Landes für syrische Studierende teil. - Ein Gespräch über Pläne, Hoffnungen und einen Neuanfang in Tübingen.

Was machen Sie beide hier in Tübingen?

Abeer Abou-Saab: Ich bin vergangenen November hier angekommen, um eine Doktorarbeit in Elektrophysiologie bei Professor Dr. Florian Lang zu schreiben. Ich muss allerdings noch meine Masterqualifikation nachholen und ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen, um dafür zugelassen zu werden. Deutsch zu lernen dabei fällt mir etwas schwer, weil im Labor hauptsächlich Englisch gesprochen wird.


Maria Lutfi: Ich will meinen Master in Pharmazie hier abschließen, dafür muss ich zuerst auch einen Deutschkurs machen. Ich hoffe, dass ich die Prüfung bestehe …


Abeer: Bestimmt! Du bist viel besser als ich!

Wie sind Sie zum Syrien-Stipendium des Landes Baden-Württemberg gekommen?

Abeer: Ich bin gut über Stipendien informiert. Ich war schon früher zum Studieren außerhalb von Syrien, unter anderem fünf Jahre in Pakistan.

Maria: Eine deutsche Freundin hat mich darauf aufmerksam gemacht und mir geholfen, den Antrag zu stellen. Es war ziemlich schwierig, sie musste viele Papiere für mich besorgen und übersetzen.

Wie leben Sie hier in Tübingen?

Abeer: Ich habe eine Zeitlang hier in einer WG gelebt und an vielen kulturellen Aktionen teilgenommen, die das Studentenwerk veranstaltet hat. Dadurch konnte ich Leuten hier zum Beispiel die syrische Küche näherbringen und habe auch viel über Deutschland gelernt. Inzwischen lebe ich mit meinem Mann und meinem jüngeren Bruder zusammen.

Maria: Ich lebe mit meinen Eltern und meinen zwei Brüdern in Sersheim. Meine Schwestern sind beide verheiratet und in Syrien geblieben. Wenn ich zu meiner Familie nach Sersheim fahre, fühlt sich das heute nach Heimat an.

Wie sehen Sie Ihre Zukunft?

Abeer: Wenn in Syrien Frieden herrscht, gehen wir zurück. Aber vorher mache ich meinen Doktor fertig. Wenn sich die Situation bis dahin nicht gebessert hat, werde ich mich hier für einen Post-Doc bewerben.

Maria: In Syrien war ich gerade dabei, meinen Master in Pharmazie zu machen, aber dann kam der Krieg. Jetzt schreibe ich den Master hier. Ich überlege mir, danach eine Dissertation anzuschließen. Ich möchte gerne in Deutschland arbeiten, am liebsten in der Forschung. Ich möchte hier Steuern zahlen, um dem Land etwas zurückzugeben. Wir haben in Syrien fast alles verloren, aber hier hat man uns eine neue Chance gegeben.

Stipendienprogramm für Flüchtlinge aus Syrien

Das Interview führte Luise Loges