Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2011: Forschung

Neueste Methoden der Biogeochemie ganz kompakt

20 Doktoranden aus aller Welt nahmen an interdisziplinärem Workshop in Tübingen teil

Ingesamt 20 Doktoranden aus aller Welt nahmen im August an dem interdisziplinären Workshop „Fortgeschrittene Methoden in der Umweltbiogeochemie“ in Tübingen teil. Veranstalter war das Institut für Geowissenschaften der Universität Tübingen.


Wie beeinflussen Reduktions- und Oxidationsreaktionen die Dynamik von Schadstoffen in der Umwelt? Wie lassen sich potentiell giftige Substanzen in einer Umweltprobe nachweisen und im Mikrometermaßstab lokalisieren? Welchen Einfluss haben Bakterien auf das Schicksal von Schwermetallen in belasteten Böden? - So lauten einige der zentralen Fragen, denen Umweltbiogeochemiker in ihren Forschungsprojekten nachgehen.


In welchem Oxidationszustand ein bestimmtes Element vorliegt, ist zum Beispiel wichtig um einschätzen zu können, welche Gefahr von einem Schadstoff ausgeht. So ist reduziertes Arsen(III) im Trinkwasser wesentlich problematischer als oxidiertes Arsen(V). Dies liegt unter anderem daran, dass Arsen(V) besser an Eisenoxide bindet und dadurch aus dem Wasser entfernt wird. Im Gegensatz hierzu ist Arsen(III) viel beweglicher und gelangt so auch sehr viel leichter in den menschlichen Körper. Hinweise darauf, wo in einer bestimmten Umgebung eher oxidierende und wo eher reduzierende Bedingungen herrschen, lassen sich mit einer Sauerstoff-Mikroelektrodenmessung gewinnen. Mit dieser Methode kann man feststellen, wie der Sauerstoffgehalt in mit Wasser gesättigtem Boden oder Sediment von einem Mikrometer zum nächsten mit zunehmender Tiefe abnimmt und ab welcher Tiefe überhaupt kein Sauerstoff mehr zur Verfügung steht. Um genau herauszufinden, welches Element in einer Probe in welchem Oxidationszustand vorliegt, benötigt man energiereiche „Synchrotron“-Strahlung. Synchrotron-Strahlung wird aus im Kreis beschleunigten Elektronen in einem Teilchenbeschleuniger erzeugt. Sie wird zum Beispiel in der Computer-Tomografie auch medizinisch genutzt. Wie die Strahlung genau erzeugt wird und wie man die gewonnenen Daten auswertet, erklärten den Kursteilnehmern Experten an der Synchrotron-Anlage „Anka“ in Karlsruhe. „Durch die Synchrotron Techniken hat man die Möglichkeit, mit sehr großer Genauigkeit und hoher räumlicher Auflösung Schadstoffe zu lokalisieren und ihr Umweltverhalten zu untersuchen“, sagt Andreas Kappler, Professor für Geomikrobiologie an der Universität Tübingen und Hauptorganisator des Workshops. Durch die Kopplung von hoch auflösender Mikroskopie und Synchrotron-basierten Methoden zur Identifizierung der Elemente und ihres Oxidationszustandes ist es beispielsweise möglich festzustellen, wo und in welcher Form ein bestimmtes Metall in einer Bakterienzelle angereichert wird. Nimmt die Zelle das Metall auf und wird es innerhalb der Zelle sogar chemisch verändert? Oder lagert sich das Metall eher außen an der Zellhülle an und steht so für den Austausch mit der Umgebung zur Verfügung?


Die wichtigste Erkenntnis des Umweltbiogeochemie-Workshops bestand jedoch darin, dass eine Methode alleine so gut wie nie ausreicht, um eine robuste Aussage über die exakte chemische Zusammensetzung einer Probe zu treffen.


Maren Emmerich