Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2012: Studium und Lehre
Studium Down Under – an der UQ in Brisbane
Tübinger Studierende berichten über ihr Auslandsstudium in Australien
Die 1911 gegründete University of Queensland (UQ) an der australischen Ostküste unterhält seit 25 Jahren eine Partnerschaft mit der Universität Tübingen. Sie hat aktuell rund 44.000 Studierende und zählt nach den QS World University Rankings 2011 mit Platz 48 zu den Top 50 Universitäten der Welt. In „Uni Tübingen aktuell“ berichten zwei Tübinger Studierende über ihren Aufenthalt in Brisbane.
Bastian Schmied hat ein halbes Jahr von Juli bis November 2011 an der University of Queensland (UQ) im australischen Brisbane verbracht. In Tübingen studiert er im 7. Semester Pharmazie auf Staatsexamen.
Warum haben Sie sich für Australien entschieden? Wie und wann muss man sich bewerben?
Schmied: Ich wollte unbedingt einen Teil meines Studiums im englischsprachigen Ausland verbringen. Da ich während des Grundstudiums in den USA bereits einen 5-wöchigen Sprachkurs absolvierte, war Australien für mich erste Wahl. Ich habe mir auf den Internetseiten der Universität Tübingen drei Partneruniversitäten in Australien ausgesucht und mich für diese online auf dem Move-on-Portal der Universität beworben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Dezernats Internationale Beziehungen haben mich bei offenen Fragen zum Bewerbungsprozess sowie einzureichenden Unterlagen sehr gut beraten.
Ich habe mich eineinhalb Jahre im Voraus für Australien beworben. Die Zusage der Tübinger Auswahlkommission habe ich ein halbes Jahr später erhalten. Meinen Aufenthalt, vom Visum bis zum Stipendium, habe ich dann selbst organisiert. Vor Ort gibt es ein sehr gutes Servicezentrum für Studierende, das mir in ganz vielen Fragen weiterhelfen konnte. Auch die Abholung vom Flughafen und das Buchen der ersten Unterkunft wird von der Uni übernommen und erleichtert somit die ersten Tage.
Wie hoch sind die Kosten für das Studium in Australien?
Schmied: Die Studiengebühren sind mit durchschnittlich rund 9000 australischen Dollar – umgerechnet rund 7000 Euro - sehr hoch, die genaue Höhe hängt allerdings vom Fach und den belegten Kursen ab. Als Austauschstudent der Universität Tübingen muss man allerdings keine Studiengebühren bezahlen!
Auch die Lebenshaltungskosten sind deutlich höher als in Deutschland. Zum Glück konnte ich einen Teil davon mit der monatlichen Förderung von 600 Euro über ein Baden-Württemberg Stipendium abdecken. Ein Wohnheimplatz in Brisbane ist deutlich teurer als in Deutschland, so dass ich mich gleich nach Alternativen umgesehen habe. Die Wohnungssuche war - da ich sehr kurzfristig zum Semesterbeginn angereist bin - nicht ganz einfach. Aber über Mitstudenten habe ich dann mit neun anderen Studierenden - darunter ein Australier, aber auch Franzosen, Mexikaner und Deutsche - ein zweistöckiges Haus gemietet. Das ist in Australien nichts Ungewöhnliches.
Wie ist das Studium in Australien?
Schmied: Der Studiengang „Pharmazie“ an der UQ ist nur für Studierende offen, die dort auch ihren Abschluss machen wollen. Da ich auch Pharmaziekurse nicht angerechnet bekommen hätte, war es mir ganz recht mal in etwas Neues hineinschnuppern zu können. Neben fachnahen Kursen wie Pharmakologie und Neurologie habe ich deshalb auch Kurse in Betriebswirtschaftslehre und Meeresbiologie besucht. Bei letzterem war eine Exkursion auf den unieigenen Forschungsstützpunkt im Great Barrier Reef eingeschlossen. Für alle Kurse muss man sich frühzeitig anmelden und mindestens drei belegen, um bei der Visumsbewerbung als Vollzeitstudent zu gelten. Nach Semesterbeginn kann man aber dann zwei Wochen lang nochmals tauschen. Das Lesepensum ist sehr hoch, es wird sehr viel Primärliteratur gelesen und auch diskutiert. Der Arbeitsaufwand für viele Kurse ist aber auch wegen der vielen „Assignments“, dazu zählen beispielsweise sehr ausführliche Laborberichte, nicht zu unterschätzen. Alle Lehrenden der UQ waren für mich immer sehr kurzfristig erreichbar, entweder für ein persönliches Gespräch oder mit sehr schnellen Antworten auf meine E-Mail-Anfragen. Die Kurse waren für mich die beste Gelegenheit, mit Australiern in Kontakt zu kommen, da meine Mitbewohner fast ausschließlich internationale Studierende waren.
Was haben Brisbane und die UQ neben dem Studium noch zu bieten?
Schmied: Der wunderschöne Campus ist der absolute Pluspunkt dieser Universität. Eigentlich eher eine kleine Stadt – vom Friseur über Apotheke bis zum Reisebüro ist alles vorhanden – lädt er ein, auch seine Freizeit in einem der vielen Cafes oder einfach nur auf dem Great Court zu verbringen. Die UQ hat ein sehr gutes Sportangebot, dazu gehören unter anderem ein Schwimmbad und viele Tennisplätze. Diese Angebote sind allerdings kostenpflichtig. Tolle Freizeitangebote wie Ausflüge bietet auch der internationale Studentenclub Quest, wo ich sehr schnell Leute aus der ganzen Welt kennengelernt habe. Brisbane selbst liegt nicht direkt am Meer, aber mit Auto oder Bahn ist man in einer guten Stunde an einem der traumhaften Strände, die vor allem für Surfer ein Paradies sind. Auch der Transport des eigenen Surfboards ist in Bus und Bahn kein Problem. In der Stadt selbst gibt es außerdem noch die berühmte „Lagoon“, einen künstlichen Strand, der zu jeder Tageszeit kostenlos genutzt werden kann.
Die 24-jährige Nora Mayer studiert in Tübingen im 9. Semester Humanmedizin und hat acht Wochen an der University of Queensland in Brisbane/Australien verbracht. Diese Zeit wird ihr für die insgesamt viermonatige Famulatur angerechnet. Mayer war die erste Teilnehmerin am neuen Austauschprogramm „Clinical Electives Exchange“.
Wie haben Sie von dem neuen Austauschprogramm erfahren? War Australien von Anfang an Ihr Wunschziel?
Mayer: Ich wollte während meines Medizinstudiums ins Ausland gehen und habe mich daher informiert, welche Partneruniversitäten die Universität Tübingen hat. Ich bin von meinem Doktorvater, Professor Dr. Ulrich Lauer, dann auf das neue Programm „Clinical Electives Exchange“ aufmerksam gemacht worden, das von der Universität Tübingen und der University of Queensland in Brisbane ins Leben gerufen worden ist. Da für mich sowieso nur das englischsprachige Ausland in Frage kam und mich das australische „Medical system“, die multikulturelle Gesellschaft in Australien und natürlich das Land selbst sehr interessiert haben, fiel die Entscheidung schnell, sich hier zu bewerben.
Welche Voraussetzungen gibt es für die Teilnahme am Austausch?
Mayer: Teilnehmen können alle Medizinstudenten, die bereits das Physikum abgeschlossen haben, also das erste medizinische Examen während des Studiums. Die Bewerbung geht an das Studiendekanat der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen und enthält unter anderem ein Gutachten, das von einem Professor erstellt werden muss, sowie ein Motivationsschreiben. Parallel dazu habe ich mich an der Queensland University beworben. Aus den eingesandten Bewerbungen wurde ich dann ausgewählt.
Welche Aufgaben haben Sie während Ihres Aufenthalts übernommen?
Mayer: Für den praktischen Teil meines Aufenthalts war ich am Princess Alexandra Hospital in der Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie, deren Chefarzt Professor Dr. med. Gerald Holtmann ist. Er war auch mein Ansprechpartner für den Austausch. Ich habe hier zur Hälfte als Famulantin gearbeitet, also als medizinische Praktikantin, und in einem Ärzteteam auf Station Praxiserfahrung gesammelt. Dazu gehörten unter anderem die Teilnahme an der Visite und an Untersuchungen sowie so genannte „Teachings“. Teachings sind wöchentlich stattfindende Meetings, bei denen Fragen zum Krankheitsbild der Patienten diskutiert werden. Die andere Hälfte des Aufenthalts bestand in der Bearbeitung eines Forschungsthemas. Bei meinem Thema ging es um die Behandlung von chronischen Darmerkrankungen mittels eines Antikörpers. Zur Fragestellung gehörte, wie die Entzündung sich nach der Behandlung im Darm verhält und wie sich damit zusammenhängend die Stimmung und der Gesamtzustand des Patienten entwickeln. Da man ein so großes Forschungsprojekt in acht Wochen nicht abschließen kann, hat das nach meiner Abreise ein anderer Student übernommen. Zeitlich konnte ich mir das so einteilen, dass ich vormittags an der Klinik war und nachmittags an meiner Forschungsstudie gearbeitet habe.
In welcher Form wird Ihnen der Aufenthalt in Brisbane auf Ihr Studium angerechnet?
Mayer: Den klinischen Teil kann ich als Famulatur anrechnen lassen. Für das zweite Staatsexamen in der zweiten Hälfte des Medizinstudiums braucht man insgesamt vier Monate Famulaturerfahrung, von denen ich zwei durch das „Clinical Electives Exchange“ nun schon absolviert habe. In der Forschungsarbeit werde ich als Mitautorin genannt, bekomme hierfür aber keinen eigenen Schein oder Leistungspunkte.
Wie haben Sie den Aufenthalt in Brisbane finanziert?
Mayer: Über ein Stipendium, wobei mir die Studiengebühren im Rahmen des Austauschs erlassen wurden.
Wie bewerten Sie den Austausch rückblickend?
Mayer: Ich kann dieses Austauschprogramm ausdrücklich weiterempfehlen. Es ist in erster Linie eine sehr wertvolle Erfahrung, im Ausland einmal ein anderes Gesundheitssystem und eine andere Klinik kennenzulernen. Ich habe dort als Austauschstudentin sehr viel gezeigt bekommen und konnte so reichlich praktische Erfahrung sammeln. Darüber hinaus habe ich über die Forschungsarbeit mein Fachenglisch deutlich verbessert.
Die Interviews führten Maximilian von Platen und Johannes Baral