Die Herausforderungen des demographischen Wandels sollen zunehmend auch mit technischen Lösungen gemeistert werden. Mit staatlichen Mitteln wird die Entwicklung unterschiedlichster Techniken gefördert, welche unter anderem die Pflege, das Wohnen, die Mobilität, die Gesundheitsversorgung und die soziale Teilhabe älterer Menschen erleichtern oder verbessern sollen - beispielsweise Pflegeroboter, Sensormessgeräte oder Assistenzgeräte für Pflegerinnen und Pfleger. Perspektivisch sollen viele dieser Techniken keine passiven Instrumente mehr sein, sondern aktive Partner, die sich besser auf den Menschen einstellen.
Inwieweit Technik zur Bewältigung des demographischen Wandels beitragen kann und ob ein Miteinander von älteren Menschen und Techniken gelingt, sind keineswegs nur technische Fragen. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte wissenschaftliche Vorprojekt MATERIA am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität Tübingen adressiert die ethischen und sozialwissenschaftlichen Fragen, die sich in Bezug auf diese neuen Technologien und die aktuellen Förderlinien hierfür stellen. Die Interaktion von Mensch und Technik steht dabei sowohl im Fokus der empirischen Studien wie auch der ethischen Analyse.
Was ist das „gute Leben“ im Alter und wie kann beziehungsweise soll Technik dazu beitragen? An diese grundlegende Frage, die in einer vielkulturellen Gesellschaft und mit einem differenzierten Blick auf das Alter gar nicht einfach zu beantworten ist, knüpfen Fragen der angewandten Ethik an: Was macht eine gelingende Interaktion zwischen Mensch und (interaktiven) Techniken aus? Welche Altersbilder spiegeln sich in Form von eingeschriebenen „Nutzerskripten“ in den neuen Techniken wider und welche Wirkungen haben die Techniken auf den Einzelnen, welche auf die Gesellschaft? Wie tief greifen interaktive Techniken in den Alltag älterer Menschen ein? Wie gestalten sie die Interaktion zu ihrer Umwelt, beispielsweise zu Pflegenden oder Familie und Freunden? Und wie eignen sich eigentlich ältere Menschen neue Technologien an? Welche Rolle spielt hier Geschlecht, welche Kultur, Bildung oder Altersgruppe? Wie verändert sich die Wirkung von Technik durch den „Faktor alter Mensch“?
Das interdisziplinäre Projekt MATERIA sucht die Nähe zur Praxis und holt mittels partizipativer Methoden das Wissen und die Meinung sowohl von Experten und Praktikern als auch von alten Menschen und ihren Vertretungen ein. So findet am 25. Oktober in Tübingen eine Forschungswerkstatt statt, bei der unter anderem eine ethische ad hoc Fallberatung zu dem am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart entwickelten Mobilen Notfallassistenten „MobiNa“, der im Fall eines Sturzes helfen und zügig professionelle Hilfe holen kann, durchgeführt wird.
Nina Köberer
Mone Spindler, M. A.
Eberhard Karls Universität Tübingen
Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)
Wilhelmstraße 19
72074 Tübingen
Tel.: +49 7071 29-77984
E-Mail: mone.spindler[at]uni-tuebingen.de
Webseite: http://www.izew.uni-tuebingen.de/forschung/ethik-und-kultur/materia.html