Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2020: Leute

Pionier der präventiven und konservierenden Zahnheilkunde

Zum Tod von Professor Dr. Dr. Peter Riethe ein Nachruf von Ulrich Schlagenhauf

Am 20. März 2020 verstarb im Alter von 98 Jahren der langjährige Ärztliche Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung der Universität Tübingen, Professor Dr. Dr. Peter Riethe.

Geboren am 30. Juni 1921 in Bingen am Rhein, gehörte er zu den ersten Studenten, die 1946 im noch kriegszerstörten Mainz das Studium der Zahnheilkunde neu aufnahmen. Nach Erhalt der zahnärztlichen Approbation führte er seine wissenschaftliche Karriere an der Universität Mainz fort, an der er sowohl auf dem Gebiet der Zahnheilkunde zum Dr. med. dent. wie auch auf dem Gebiet der Anthropologie zum Dr. rer. nat. promovierte und nachfolgend die venia legendi für das Fach Zahn-, Mund- u. Kieferheilkunde erlangte. 

1968 folgte er einem Ruf auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Konservierende Zahnheilkunde an der Universität Tübingen, dessen Bekanntheitsgrad und Renommee er rasch durch vielfältige Aktivitäten insbesondere im Bereich der präventiven Zahnheilkunde zu vermehren vermochte. Peter Riethe war u.a. Gründer und erster Schriftleiter der Zeitschrift "Kariesprophylaxe", welche sich als erste deutsche zahnärztliche Fachzeitschrift dezidiert kariespräventiven Themen widmete. Seinem großen Engagement war es maßgeblich zu verdanken, dass die kariespräventive Fissurenversiegelung Eingang in den Honorarkatalog der gesetzlichen Krankenkassen fand. Darüber hinaus darf er auch als deutscher Pionier und Förderer minimalinvasiver adhäsiver Füllungstechniken gelten, welche in Tübingen schon sehr frühzeitig wichtiger Bestandteil im Spektrum der in den studentischen Behandlungskursen vermittelten Fertigkeiten wurde. Multiple Ehrungen und Auszeichnungen, wie etwa die Verleihung der Ehrennadel der Deutschen Zahnärzteschaft in Gold 1986, der Tholuck-Medaille des Deutschen Vereins für Zahnhygiene 1995 oder der Hildegard-Medaille der Bundesvereinigung für Gesundheit 1996, belegen das hohe Ansehen, welches Peter Riethe in Fachkreisen auch noch nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Universitätskarriere im Jahre 1989 genoss. Es würde jedoch viel zu kurz greifen, den Menschen Peter Riethe auf seine zahnmedizinischen Verdienste zu reduzieren. Dank einer außergewöhnlich breiten und tiefen Allgemeinbildung beschäftigte er sich auch intensiv mit Themen außerhalb der Zahnheilkunde. Neben dem Sammeln archäologischer Spuren der römischen Kultur in Deutschland galt seine lebenslange Leidenschaft der Erforschung des Lebens und Wirkens von Hildegard von Bingen. Fasziniert von dieser Heiligen seit seinen frühen Kindheitstagen in Bingen übersetzte er die Originale ihre medizinischen und naturwissenschaft-lichen Schriften in akribischer Fleißarbeit und publizierte dabei ein Gesamtwerk von annähernd einem Dutzend Büchern. Nicht zuletzt wird jedoch Peter Riethe durch seine offene, menschliche Art all denjenigen in fester Erinnerung bleiben, die ihn durch Studium oder Beruf persönlich näher kennenlernen durften. Wir werden ihn vermissen.