Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2022: Forschung

Große Erfolge beim Einwerben von Drittmitteln: ERC Grants und Graduiertenkollegs

Rosa Lozano Durán, Harald Baayen und Klaus Corcilius erhalten Preise des Europäischen Forschungsrats – Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Tübingen freuen sich über neue Graduiertenkollegs

ERC Consolidator Grant für Rosa Lozano Durán 

Professorin Dr. Rosa Lozano Durán vom Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) der Universität Tübingen hat sich erfolgreich um einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) beworben. In ihrem Projekt "Emerging multifactorial complexity at the geminivirus-host interface" (GemOmics) will sie Interaktionen von Geminiviren und Wirtszellen bei Nutzpflanzen untersuchen. Ihr Ziel: Neue Ansätze zur Bekämpfung und Eindämmung dieser Pflanzenviren, die weltweit Krankheiten bei Nutzpflanzen verursachen. Das Projekt wird vom ERC mit einer Summe von rund zwei Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren finanziert, Start ist im Juli 2022. Ausführliche Meldung (auf Englisch)

ERC Advanced Grants für Harald Baayen und Klaus Corcilius

Gleich zwei Wissenschaftler der Universität Tübingen haben einen Advanced Grant des European Research Council (ERC) eingeworben. Harald Baayen, Professor für Quantitative Linguistik, nimmt im Projekt „Subliminal learning in the Mandarin lexicon“ (SUBLIMINAL) in den Blick, dass Schriftsysteme nie komplett die gesprochene Sprache abbilden, und mit diesen Erkenntnissen den Erwerb von Zweitsprachen erleichtern. Im Projekt „Text and Idea of Aristotle's Science of Living Things“ (TIDA) von Professor Klaus Corcilius, Lehrstuhl für antike Philosophie, arbeiten Philosophen und Philologen an einer neuen Gesamtinterpretation von Aristoteles' „Philosophie des Geistes“. Beide Projekte erhalten ab Herbst eine finanzielle Förderung in Höhe von je ca. 2,5 Millionen Euro für insgesamt fünf Jahre. Ausführliche Meldung (auf Englisch)

Zwei neue Graduiertenkollegs

Gleich zwei neue Graduiertenkollegs fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) am Wissenschaftsstandort Tübingen: Das Graduiertenkolleg „Psychische Gesundheit von Frauen in der reproduktiven Lebensphase“ wird mit rund sieben Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren gefördert, das Graduiertenkolleg „Nicht-kanonische G-Protein-abhängige Signalwege: Mechanismen, Funktionen, Konsequenzen“ mit rund 5,3 Millionen Euro.

Hormonelle Übergangsphasen und Frauengesundheit

Die körperliche, aber auch mentale Gesundheit des Menschen hängt oft von hormonellen Einflüssen ab. Gerade Frauen unterliegen während der reproduktiven Lebensphase massiven Schwankungen des Hormonspiegels und durchlaufen mehrfach hormonelle Übergangsphasen. Diese haben Auswirkungen auf ihre kognitiven und emotionalen Fähigkeiten, die Plastizität des Gehirns sowie die (psychische) Gesundheit. In diesen Phasen steigt das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen sehr stark an. Das internationale Graduiertenkolleg „Psychische Gesundheit von Frauen in der reproduktiven Lebensphase“ hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Zusammenhänge zwischen hormonellen Übergangsphasen und der psychischen Gesundheit von Frauen über die reproduktiven Jahre hinweg besser zu verstehen.

„Die psychische Gesundheit von Frauen umfasst viele Aspekte, die nicht von einer einzigen Disziplin abgedeckt werden können. Deshalb verfolgen wir einen Ansatz, der ein Qualifizierungsprogramm hervorbringt, das aus mehreren Komponenten besteht, wie klinisch relevanter Forschung, internationalem Austausch und der Schaffung von Synergien“, erklärt Sprecherin Prof. Dr. Birgit Derntl, Forschungsgruppenleiterin an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen. Mit seiner internationalen Ausrichtung ist das neue Graduiertenkolleg nur eines von zwei dieser Art unter den insgesamt 13 neu geförderten Verbünden. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Uppsala forschen Tübinger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu den Zusammenhängen zwischen hormonellen Übergangsphasen und psychischer Gesundheit und prüfen Hypothesen mit Fokus auf den Einfluss der Sexualhormone. „Unsere langfristige Perspektive ist es, die Prävention, Erkennung und Behandlung psychischer Erkrankungen bei Frauen zu verbessern“, ergänzt Prof. Derntl.

Signalwege und Medikamentenentwicklung

Ist heutzutage nur jeder fünfte Bundesbürger über 67 Jahre alt, wird dieser Anteil bei gleichbleibender Entwicklung bis 2060 so stark zunehmen, dass fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung im Rentenalter ist. Damit einher geht ein Zuwachs von sogenannten Volkskrankheiten, wie etwa Diabetes mellitus, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die bereits jetzt über die Hälfte aller Todesfälle in Deutschland ausmachen. Umso wichtiger sind die Erforschung und ein besseres Verständnis der biologischen Prozesse, die im Zusammenhang mit diesen Krankheiten eine wesentliche Rolle spielen. Entscheidend dabei sind Signalwege in unserem Körper auf Zellebene, die diese Prozesse steuern und durch pharmakologische Intervention therapeutisch genutzt werden können. Eine überragende Bedeutung haben G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) auf den Zellen. Diese machen gegenwärtig zwar nur 12 Prozent aller Zielstrukturen für Arzneimittel aus, jedoch greift jedes dritte Medikament dort ein. Dennoch ist ihr therapeutisches Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Hier spielen nicht-kanonische G-Protein-regulierte Signalwege eine besondere Rolle, da sie genau die biologischen Prozesse lenken, die bei der Entstehung der Krankheiten bedeutsam sind. 

„Wir zielen mit unserem Graduiertenkolleg darauf ab, die Lücken im Verständnis ausgewählter nicht-kanonischer Signalwege zu schließen, um neue vielversprechende Therapiestrategien für selektive pharmakologische Interventionen zu entwickeln, die wichtige Schritte hin zu einer personalisierten Medizin darstellen“, erklärt Sprecher Professor Dr. Dr. Bernd Nürnberg, Leiter der Abteilung für Pharmakologie, Experimentelle Therapie und Toxikologie am Universitätsklinikum Tübingen. „Unsere Promovierenden erhalten eine umfassende interdisziplinäre pharmakologische Ausbildung in einer hochmodernen Forschungsinfrastruktur, um sie auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau in die Selbstständigkeit zu führen und damit den dringend benötigten Bedarf an pharmakologischem Nachwuchs zu decken“, führt Professor Nürnberg den zentralen Ausbildungsaspekt aus.

Maximilian von Platen und Steven Pohl