E-mail: | dominik.sieberspam prevention@uni-tuebingen.de | |
Berufsausbildung | 2001 – 2003 abgeschlossene Berufsausbildung zum Bürokaufmann |
10/2005 – 03/2011 | Studium der Neueren und Neuesten Geschichte sowie der Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters Eberhard-Karls-Universität Tübingen |
08/2008 – 02/2009 | Auslandsaufenthalt im Rahmen des ERASMUS-Austauschprogramms an der Universität Lund, Schweden |
09/2010 | Teilnahme am Studienkurs des Deutschen Historischen Instituts in Rom |
03/2011 | Magisterarbeit: „Friedhöfe und Bestattungswesen in oberschwäbischen Reichsstädten vom 15. bis 17. Jahrhundert.“ |
04/2008 – 10/2010 | Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Neuere Geschichte, Lehrstuhl Prof. Dr. Schindling und am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Abteilung Archäologie des Mittelalters bei Prof. Dr. Scholkmann |
2001 – 2010 | Archäologische Ausgrabungspraktika in Kempten, Konstanz, Panamá la Viejo, Panama und kleinere Projekte |
seit 04/2011 | Kollegiat im Graduiertenkolleg 1662 „Religiöses Wissen“ an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen |
Das geplante Dissertationsprojekt möchte sich mit den Veränderungen und Ausprägungen der Sepulkralkultur im weitesten Sinne durch Reformation und Konfessionalisierung in einem interdisziplinären und interregionalen Rahmen, der zwischen der Mitte bzw. der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis in die Zeit um 1700, in einem Teil des oberdeutschen Sprachraumes in Gestalt der alten Diözesen Konstanz, Augsburg und Chur verortet ist, beschäftigen. Zum einen soll der Wandel diesbezüglich zwischen der vorreformatorischen mittelalterlichen und der reformatorischen Kirche, zum anderen die Ausdifferenzierungen sowohl innerhalb der protestantischen Bekenntnisse wie auch der nachtridentinischen katholischen Kirche untersucht werden. Neben Schrift- und Bildquellen soll auch die materielle Kultur berücksichtigt werden. Kunstgeschichtliche und archäologische Quellen sollen hierzu ebenso einbezogen werden, wie der Umgang mit dem Tod bzw. ganz real mit den Toten innerhalb von Stadt- und Siedlungstopographien.
Speziell die Aufgabe der aus dem Mittelalter tradierten innerstädtischen Bestattungsplätze und die Anlage außerstädtischer Gottesäcker mit all ihren religiös-konfessionellen, sozialen, politischen und mentalitätsgeschichtlichen Implikationen sollen dabei fokussiert und damit der Wandel der Friedhofskulturen und Bestattungssitten näher erforscht werden. Die sich dabei stellende zentrale Frage kreist um die Gewichtung der religiös-konfessionellen und profanen Motivationen innerhalb dieser Vorgänge.
Die Forschung führt eine Verkettung und gegenseitige Bedingtheit bzw. Abfolge von verschiedenen Faktoren für diese Entwicklung an: Auf Grund des immensen Bevölkerungswachstums der städtischen Bevölkerung im Spätmittelalter, welches Seuchen, die meist unter dem Begriff „Pest“ subsumiert wurden, erheblichen Vorschub leistete, waren die innerstädtischen Bestattungsplätze schnell überbelegt. Dies brachte wiederum massive hygienische Probleme mit sich und führte – angesichts einer sich intensivierenden medizinischen Debatte in der Rezeption der Miasmenlehre – zu realen Handlungsanleitungen.
Diese Entwicklung, in der religiöses Wissen um die Toten nun von profanem Wissen ergänzt wurde, erlebte dann in der Folgezeit durch die Reformation eine Fortsetzung und zugleich Verstärkung, die gleichsam als Katalysator wirken konnte, indem dem medizinischen Wissen nun verändertes theologisches Wissen zur Seite gestellt wurde.
Insbesondere der Reformation wird also eine wichtige Schlüsselrolle attestiert. So propagierte beispielsweise Martin Luther das Begräbnis extra muros und zwar nicht nur aus theologischen Gründen, sondern primär aus medizinischen. Die Ablehnung der Heiligenverehrung, des Reliquienkultes und des Fegfeuers durch die Reformatoren implizierte zugleich die Wirkungslosigkeit des Fürbittgebetes für die als „Arme Seelen“ bezeichneten Verstorbenen und machte Seelmessen, Jahrtage und jedwede materielle Aufwendungen für das Seelenheil der eigenen wie auch einer anderen Person, obsolet. Eine Bestattung in oder an der Kirche verlor damit ihre theologische Fundierung.
Wie wirkte sich dies auf die Gestaltung der Friedhöfe und das Bestattungswesen aus und wurde auch auf diesem Feld eine „unsichtbare Grenze“ wirksam oder aber eine visuell und real manifestierte Trennlinie zwischen den Konfessionen deutlich? Sind hier charakteristische Merkmale nachweisbar, die typisch für die jeweilige Konfessionskultur und das damit verbundene religiöse Wissen über das Jenseits sind? Wurden die Bestattungsplätze nun jenseits aller religiösen Verbundenheit mit den Toten nach rein pragmatischen Gesichtspunkten angelegt und ergeben sich hier konfessionsspezifische Muster?