Milan Wehnert, M.A.
Kollegiat
Anschrift Büro: | Diözesanmuseum Rottenburg Karmeliterstr. 9 72108 Rottenburg am Neckar | |
Telefon: | 07071/29-77332 | |
E-mail: |
Akademischer Werdegang
10/2002 – 03/2003 | Studium der Kunstgeschichte, der Katholischen Theologie und der Mittalterlicher Geschichte Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald |
04/2003 – 03/2006 | Freie Universität Berlin |
04/2006 – 01/2008 | Eberhard-Karls-Universität Tübingen |
02/2008 – 07/2008 | Pontificia Universitá Gregoriana, Rom |
04/2008 – 10/2008 | Magisterarbeit „Diskurspotentiale der Historienmalerei. Nicolas Poussins ‚Quellwunder des Mose‘ im Lektürekontext der Römischen 1630er Jahre“ |
12/2008 | Magister artium Eberhard-Karls-Universität Tübingen Kunstgeschichte/ Katholische Theologie/ Mittelalterliche Geschichte |
Berufliche Stationen
2009 | Wissenschaftliche Assistenz Stadtmuseum Tübingen (Dr. Karlheinz Wiegmann) Kuratorium Ausstellung „Stadtbild – Weltbild“ |
2010 | Wissenschaftlicher Mitarbeiter Katholisch-Theologische Fakultät Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengschichte Forschungsbereich „Religiöses Wissen im Vormodernen Europa (800-1800)“ (Prof. Dr. Andreas Holzem) Eberhard-Karls-Universität Tübingen |
seit 04/2011 | Promotionskollegiat Graduiertenkolleg „Religiöses Wissen im Vormodernen Europa (800- 1800)“ Eberhard-Karls-Universität Tübingen Promotionsprojekt „Aushandlungsprozesse katholisch-devoter Gesellschaftskultur – Trient bis Bérulle“ |
Aushandlungsprozesse katholisch-devoter Gesellschaftskultur 1550–1630 –
Trient bis Bérulle
Katholische Reform und Gegenreformation sind in der Kunstgeschichte bisher überwiegend in ihren Folgen auf den religiösen Bildbesitz und -gebrauch katholischer Milieus untersucht worden. Die Ausformung universal-katholisch „internationaler“ Imaginationsräume im Spannungsfeld zu den Bildidiomen eigenständiger Kulturkontexte (die „Spanische“ oder „Französische Malerei“ der Gegenreformation) bestimmt hierbei den Zugriff auf die Spezifika katholisch-konfessioneller und barocker Bildlichkeit.
Bekannt, aber bisher kaum systematisch bildwissenschaftlich untersucht, ist, dass die tiefgreifenden Umprägungen 1550-1630 v.a. auch im Bereich gesellschaftlicher Öffentlichkeit neuartige Strategien des Sich-Abbildens und -Ausstellens angestoßen haben. Konfessionalisierung vollzieht sich hierbei wesentlich in der Aushandlung neuer Idiome und Raster gesellschaftlicher Kommunikation: Die Selbst-Konstitution und Modellage von „öffentlicher Figur“ über devoten Nobilitätshabit, die Aufführung neuer konsensualer Referenzsysteme, wie auch die Bespielung gesellschaftlicher Räume durch katholisch-devote Sozietäten und Körperschaften haben hierbei ganz wesentlich eine Bildebene durchwirkt. Beschreibt man entsprechende Aushandlungsprozesse gesellschaftlicher Praxis und Gemeinkultur als „reform of public culture“ und als „devout-self-fashioning“, so verdeutlicht sich dieser Prozess in einer eigentlich sozio-ästhetischen Dimension.
Wenig erfragt ist hierbei die Funktion des Bildes. Die sich konfessionalisierenden Gesellschaften setzen „sich“, d. h. das Spezifizierte und konfessionell Distinkte ihres sozio-ästhetischen Habits, „ins Bild“: In Brügge, in Paris und Reims, in Rom und Toledo, besonders früh auch im London der katholischen Restauration, entstehen „Ansichten devoter Gesellschaft“ und Porträt-Tableaus von neuen, „exzellent-katholischen“ Gemeinwesen, welche die sozio-ästhetischen Umspannungen ins Bild setzten und zugleich die neuen gesellschaftskulturellen Haushaltspläne aus dem Bild heraus steuern.
Meine Untersuchung geht beim jetzigen Arbeitsstand von drei Bildbeständen bzw. Prozessphasen aus, die in der kunsthistorischen Forschung bisher nicht als europäischer Zusammenhang untersucht worden sind:
Den erster Bestand bilden „Ansichten devoter Sozietäten“ im liturgischen Interieurbild während der 1550er–0er Jahre („Transformation und Konfessionalisierung des Bildformates ,Gregorsmesse´“).
Der zweite Bestand beschreibt die Konstruktion „Devoter Stadtansichten“ als Projektionsraum neuer gesellschaftlicher Referenzsysteme während der 1570er–90er Jahre („Transformation und Konfessionalisierung der Bildansichten „humanismusaffiner Kommunikationskulturen und Räume“.
Der dritte europäische Untersuchungsrahmen beschreibt eine „Machbarkeit“ devot-katholischer Gemeinwesen aus der Perspektive ordenspriesterlicher Eliten: Kongregationen wie Theatiner, Jesuiten und Oratorianer entwickeln ab 1600 neuartige mediale Strategien, mit denen die spezifischen religiösen Kapazitäten und asketisch-mystischen Reservate ihres Priestertums im Bild repräsentiert und über das Bild distribuiert werden. Hierbei kann ein spezifisches Modell ordenspriesterlicher Entwurfskreativität freigelegt werden, demgemäß der Anspruch auf gesellschaftskulturelle Zentralität über asketisch-liturgische Exzentrizität markiert wird. Der jeweilige Exzellenzanspruch innerhalb von Klerus und Laiengesellschaft stößt somit die Produktion distinktiver Bestände „Religiösen Wissens“ an und setzt eine interne Konkurrenz an religiösen Wissensordnungen unter den priesterlichen Elite-Verbänden frei. Ein „sacerdotal turn“ innerhalb der jesuitischen Bildproduktion kann hierbei ebenso untersucht werden wie die Abwehr und Umpolung jesuitischer „Argumentationsfiguren“ durch die Elite-Priesterkongregation des Oratoire de Jésus in Frankreich unter Pierre de Bérulle im Paris der 1620er Jahre.